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»Willkommen in meiner
absoluten Lieblingsfabrik«

Kabarett vom Feinsten: Wilfried Schmickler in Vlotho

Vlotho (bir). Wilfried Schmickler liebt den dramatischen Auftritt. Sekundenlang ist der Theaterraum der Kulturfabrik in völlige Finsternis getaucht. Als das Licht wieder aufflammt, steht er plötzlich auf der Bühne und sichert sich mit einem Bekenntnis sogleich die Sympathien des gesamten Publikums: »Willkommen in meiner absoluten Lieblingsfabrik!«

Ansonsten aber hatte Wilfried Schmickler an diesem Sonntagabend in seinem neuen Programm »Zum Dritten« wenig Lob zu verteilen. Stattdessen agierte er wie gewohnt mit scharfem Blick und spitzer Zunge, kein Thema, das nicht von ihm seziert und anschließend fein säuberlich vor dem Publikum ausgebreitet und damit der Lächerlichkeit preisgegeben wurde. Wo andere sich auf Witze weit unterhalb der Gürtellinie spezialisiert haben, fordert Wilfried Schmickler den Verstand seiner Zuhörer heraus.
Ob der sich ständig erhöhende Schuldenstand der Bundesregierung (»Wenn sie heute Abend hier raus gehen, fehlen ihnen weitere 19 Millionen und sie haben noch nicht mal ein Bier bezahlt«), der Ausverkauf des Sozialstaates, die deutsche Wahllandschaft, die Dummheit des Rechtsradikalismus, die drohende Klimakatastrophe (»Sorge dich nicht, für Schnee gibt es Kanonen, für Sonne die Bank«) oder der Alltagswahnsinn, der (leider) zur Normalität geworden ist - zynisch und mit bestechender Gesichtsmimik gibt Schmickler seine Meinung zum Besten.
Doch nicht nur mit seinem Programm begeisterte er die 180 Zuschauer. Mit einer formvollendeten Verabschiedung wird er sich den Platz in einigen Vlothoer Herzen gesichert haben: »Es gibt bestimmt nicht viel, um das der Kölner den Vlothoer beneidet. Aber diese Einrichtung mit ihren wunderbaren Mitarbeitern gehört ganz sicher dazu.«

Artikel vom 06.03.2007