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Weiße Westen mit Lachfalten

Parallelen rein zufällig: Verler Laienspielschar spießt politische Intrigen auf

Verl (köh). Politische Intrigen, Liebesleid und Liebesfreud, Verwirrspiele, Gefühlsausbrüche, ironische Anspielungen und eingängiger Witz waren die Zutaten, mit denen die Theatergruppe der Verler Kolpingsfamilie ihr neues Stück durch eine begeistert gefeierte Premiere in der Aula der Realschule führte.

Das Ensemble um Helmut Heinemeier war in Hochform. Und die politischen Spitzenpolitiker Verls durften mit dem Publikum darüber nachdenken, ob der intrigante Kleinkrieg zweier Landtagskandidaten wirklich rein zufällig und ohne Anspielung auf aktuelle Geschehnisse in der Gemeinde daher kam, wie Ferdinand Hensler bei seiner Eröffnungsansprache versicherte. Auch wer Anspielungen nicht sah, sah nach einer pointenreichen heiteren Lehrstunde über die Politik klarer, wenn er sich die Lachtränen aus den Augen gewischt hatte: Spitzenkandidaten haben nichts zu lachen, sind immer um ihren guten Ruf besorgt und dabei scharf darauf, den ihrer Kontrahenten gründlich zu beschädigen. So der Privatdozent Dr. Ewald Finkenbach (Helmut Arens) und Bürgermeister Klaus Holzer (Helmut Heinemeier), die alle Hebel in Bewegung setzen, um dem Gegner einen Fleck auf die weiße Weste zu zaubern und damit den Einzug in den Landtag zu versalzen. Während der honorige Dozent das ältere Fräulein Isolde Käfer (Maria Schröder) als Wahlhelferin auf den Bürgermeister ansetzt, greift Bürgermeister Holzer noch tiefer in die üble Trickkiste und vermittelt dem Gegenkandidaten eine Literaturschülerin, um ihn mit einem amourösen Abenteuer zu Fall zu bringen. Ein schweres Geschütz: Denn bei der vermeintlichen Nachhilfeschülerin handelt es sich um die Bardame Mimi (Melanie Krabbe) und die weiß, welche Register sie bei den Herren ziehen muss. Auch wenn der Dozent auf erotischem Gebiet ein schwieriger Fall ist, wie Ehefrau Ruth (Hedwig Lükewille) leidgeprüft beklagt, setzt das Auftauchen von Mimi doch ein turbulentes Verwirrspiel in Gang und bringt Schärfe ins Eheleben und in die Provinzposse. Und für Schärfe sorgt auch Joseph, der von Raimund Diermann brillant gespielte treue Diener der Familie Finkenbach, der nicht nur eine Leidenschaft für scharfe Gewürze, sondern auch seine ganz eigene Vorstellung von »Dienen« hat. Gerne greift er auch schon mal zu ganz besonderen Zutaten für die Gulaschsuppe mit ungeahnter Wirkung. Und ganz besondere Zutaten für die Entwicklung der Intrigengeschichte liefern Katrin, die Tochter des Hauses Finkenbach, und schließlich Bastian (Helmut Beyer) und Martha Liebermann (Genoveva Schimmel), die für eine überraschende Sicht auf die weißen Westen der Kontrahenten sorgen. Und wenn Bürgermeister Holzer nach seiner Stippvisite in der Bar »Zum Grünen Kakadu« in Erklärungsnot gerät (»Man muss die Wähler dort abholen, wo sie zu finden sind«), ahnt das Publikum bereits: Hier kommt alles anders als man glaubt. Doch wie, das ist allein bei den nächsten Aufführungen der Theatergruppe an den noch folgenden Märzwochenenden zu erfahren. Es sind immer noch Karten für die 38. Aufführung der Kolpingschar zu bekommen. Wer hingeht, darf sich auf einen unterhaltsamen Abend mit einem engagierten Ensemble freuen, das seinen Erfolg einer guten Mischung aus Jung und Alt und nicht zuletzt zwei erfahrenen Mitgliedern verdankt: Maria Schröder und Helmut Heimeier sind schon von Anfang an dabei.

Artikel vom 06.03.2007