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Gute Manieren
erleichtern
den Umgang

Kinder lernen nach Knigge

Von Jan-Hendrik Hirscher
(Text und Fotos)
Bad Oeynhausen (WB). »Händeschütteln« sollte nicht wörtlich genommen werden. Statt einem wilden Schüttelexzess gehört sich ein dezenter Händedruck - nicht zu stark, nicht zu schwach. Wer wem die Hand geben muss, steht auf einem anderen Blatt. Am Samstag brachte Knigge-Expertin Inge Wolff 20 Kindern im Kaiserpalais gutes Benehmen und richtige Umgangsformen bei.

»Manche sagen: ÝRichtiges Benehmen brauchen wir nicht. Immerhin sind wir Jungs.Ü Das finde ich nicht. Manieren braucht man immer«, sagt der neunjährige Johannes Krutzek. Genau wie die anderen Kinder im Alter bis zu 13 Jahren brachte er schon viele Grundlagen mit. »Einige Eltern wollen ihren Kindern durch das Seminar beweisen, dass es stimmt, was sie zu Hause immer predigen«, so Inge Wolff, Vorsitzende des Arbeitskreises Umgangsformen international. Dabei sei das Vorleben guter Manieren das Beste, was Eltern machen könnten.
In der mehr als vierstündigen Veranstaltung brachte Inge Wolff ihren Schützlingen allgemeine Prinzipien des Zusammenlebens, der Höflichkeit und auch der Manieren, zum Beispiel bei Tisch, bei. Dabei räumte sie gleich zu Beginn mit einem weit verbreiteten Vorurteil auf: »99 Prozent der Menschen haben eine falsche Vorstellung von Knigge«, sagte sie. So schrieb Adolph Freiherr Knigge im 18. Jahrhundert nicht einzelne Anweisungen für gutes Benehmen, sondern allgemein über das menschliche Zusammenleben. Die Anweisungen wurden erst später an sein Werk angefügt.
Vieles, was Knigge geschrieben hat, ist jedoch allgemeingültig, kann also auch auf die heutige Zeit übertragen werden. Er schrieb zum Beispiel: »Respektiere dich selbst, wenn du willst, dass andere dich respektieren.« Diesem Grundsatz stimmt Inge Wolff zu: »Das gilt auch noch in 3000 Jahren.« Deshalb brachte sie den Kindern zunächst die Werte Knigges näher, zu denen die Wertschätzung jedes Menschen gehört.
Erst im Anschluss durften die Kursusteilnehmer in Rollenspielen das richtige Verhalten anwenden. So zum Beispiel bei der Begrüßung. »Zwischen grüßen und begrüßen gibt es einen Unterschied«, erklärte auch Johannes Krutzek, der sich auf den Vorschlag seiner Großmutter hin zu dem Seminar angemeldet hatte. So ist das Begrüßen stets mit Körperkontakt verbunden.
Obwohl allen Menschen eine Wertschätzung zuteil wird, haben manche doch noch etwas mehr davon - diese gehören zu den »gekrönten« Personen: Frauen, ältere Menschen oder Vorgesetzte. Kinder sollen diese »Gekrönten« grüßen und höflich sein, andererseits jedoch warten, bis ihnen die Hand ausgestreckt wird. Das gleiche gilt auch für Männer gegenüber Frauen. Jedoch können auch Kinder diese »Gekrönten« sein: als Gastgeber etwa.
Auch das Aufstehen bei der Begrüßung ist für jeden ein absolutes Muss. »Daran erkennt man aber schon, dass sich Werte ändern«, sagt Inge Wolff. Früher durften Frauen sitzen bleiben, wenn ein Mann sie begrüßte. Heutzutage gehörte das Aufstehen auch für Frauen zum guten Ton.
In der Praxis mussten sich die Kinder auch beim Drei-Gänge-Menü bewähren. »Händewaschen vor dem Essen bitte möglichst nie vergessen«, lautete das erste Gebot. Andere Tabus wurden aufgedeckt: das Abstreifen des Messers an der Gabel zum Beispiel. Zu den guten Manieren gehört außerdem, sich stets aus dem Brotkorb zu seiner Linken zu bedienen oder vor dem Trinken den Mund an der Serviette abzutupfen.
»Das mit der Serviette war schon etwas komisch«, sagte der 13-jährige Jan-Lucas Hanke. Dennoch findet auch er, dass ihm das Seminar etwas gebracht hat: »Dass man zum Beispiel das Gedeck von außen nach innen benutzt, wusste ich nicht. Aber jetzt kann ich beim Essen Eindruck machen«, freute er sich.
Der Kursus der Fachhochschule des Mittelstands wird in zwei Wochen im Kaiserpalais wiederholt. Am Samstag, 16. März, sind die Zehn- bis 13-Jährigen, am Sonntag, 17. März, die Sieben- bis Neunjährigen an der Reihe. Plätze sind noch vereinzelt zu haben.

Artikel vom 05.03.2007