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Ministerin sucht Dialog
und hört viel Kritik

Barbara Sommer referiert über Schulreform

Von Sarah Essing (Text und Foto)
Bad Oeynhausen (WB). Hochrangigen Besuch hatte der Stadtverband der CDU zu seiner Mitgliederversammlung eingeladen. Barbara Sommer, Ministerin für Schule und Weiterbildung des Landes Nordrhein-Westfalen, sollte zum Thema »Perspektive der neuen Schulpolitik in 2007 - Weitere Reformschritte nach dem neuen Schulgesetz« referieren.

Beschwingt betrat die Ministerin mit zwanzigminütiger Verspätung den Saal im Hotel Hahnenkamp, in dem bereits mehr als 100 Zuhörer warteten. Die CDU hatte neben ihren Mitgliedern auch alle Bürger zu diesem Vortrag eingeladen. »Damit wollen wir eine breitere Basis schaffen«, erklärte Kurt Nagel, Vorsitzender des Stadtverbandes. Mit der Terminierung dieses Vortrages hatte der Stadtverband Glück. Obwohl bereits im vergangenen Jahr geplant, fand Barbara Sommer erst jetzt die Zeit für einen Besuch in der Badestadt - passend zur aktuellen Debatte um Kinderbetreuung und Familie. »Wir hätten es nicht besser treffen können«, freute sich der Stadtverbandsvorsitzende. So verwunderte es nicht, dass sich vor allem Eltern, Schüler und Pädagogen aller Fachrichtungen eingefunden hatten, um die Bildungsministerin sprechen zu hören.
Barbara Sommer hielt ihren Vortrag bewusst kurz, um, wie sie selbst betonte, einen Dialog zu führen und Kritik und Anregungen mitzunehmen. Nach zahlreichen Plaudereien aus dem Nähkästchen zu ihrer eigenen Biografie und ihren Erfahrungen mit Schule, die sie als fünffache Mutter und Lehrerin von beiden Seiten kennt, skizzierte sie kurz die vier tragenden Säulen des neuen Schulgesetzes. Es ist seit August 2006 in Kraft und hat seitdem vor allem in Bildungseinrichtungen für Unruhe gesorgt. Bildreich erläuterte die Ministerin ihre Visionen zu individueller Erziehung, dem Prinzip der Durchlässigkeit, Wettbewerb und Leistung und der Eigenverantwortlichkeit der Schulen.
Jeder Mensch hätte Stärken, die gefördert werden müssen, daher sei es ihr Anliegen, mehr stärkenorientiert zu denken. Zudem gäbe es keinen besseren oder schlechteren Schultyp, sondern nur die richtige oder falsche Schulform für die individuellen Fähigkeiten eines Kindes. »Jeder Mensch kann und will etwas leisten, erst recht Kinder«, appellierte sie an das Publikum, den Wettbewerb zu fördern. Und zum Schluss nahm sie die Schulen in die Pflicht, deren Rektoren zahlreich vertreten waren, und forderte mehr Eigenständigkeit: »Ich kann ihnen doch nicht sagen, was das Beste für ihre Schüler ist.« Sie warb vor allem um Verständnis, dass es in der Durchführung bis jetzt noch manche Rückschläge zu verzeichnen gäbe.
Das Publikum zeigte sich von diesen Ausführungen wenig beeindruckt. Lob erhielt die Bildungsministerin lediglich für die Wiedereinführung der Kopfnoten. Ansonsten standen vielmehr Fragen zu unklaren Formulierungen des Schulgesetzes und dessen Umsetzung im Vordergrund. Vor allem die Umsetzung der individuellen Maßnahmen zur Förderung der Schüler und die zu schnelle Umsetzung der Sprachtests für Vierjährige bereitete den Anwesenden offensichtlich Kopfzerbrechen.
Bei den Sprachtests für die Vierjährigen würden die Erzieherinnen der Kindergärten und Tagesstätten und die Grundschullehrerinnen »gerne etwas machen«. Doch sie können nicht. Der Termin für die Sprachtests steht schon fest, doch bisher gibt es noch keine Materialien, mit denen diese Tests durchgeführt werden sollen. Unmut herrschte deshalb vor allem über die rasche Vorbereitung dieser Sprachtests. »Die Sprachförderung gerät durch die Hoppla-Hopp-Durchführung in Verruf«, kritisierte eine Erzieherin. Barbara Sommer plädierte für Geduld. »Ich kann die Materialien nicht selbst drucken«, sagte sie, versprach aber, dass sie in der kommenden Woche eintreffen würden.

Artikel vom 03.03.2007