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Wenn Schicksalsfäden sich sichtbar verknoten

Shakespeares »Othello« für Puppentheater: grandios

Von Hans-Joachim Chollet
Paderborn (WV). Shakespeares Kunst wirft einen langen Schatten, und in ihm arbeiteten Donnerstagabend auf der Hauptbühne der gut besuchten Paderhalle gleich drei Ensembles zusammen: sicher ein Höhepunkt der 27. Paderborner Puppenspielwochen.

Mit seinem »Othello« ist Shakespeare ein ergreifendes Trauerspiel gelungen, das auch im kleineren Rahmen einer Puppenbühne - realisiert von der Berliner Marionettenbühne, dem Kobalt Figurentheater Berlin und dem Puppentheater am Meininger Theater - seine Wirkung nicht verfehlt: Auf der einen Seite der liebende Feldherr Othello, dem seine Desdemona heilig ist, und der zu Beginn der Handlung sich zwei Feinde schafft, als er statt des Fähnrichs Jago Cassio zu seinem Leutnant macht und dem Venetianer Rodrigo Desdemona ausspannt; auf der anderen Seite der eifersüchtige Jago, der aus Geltungsdrang sich rächen will. Und das Publikum bekommt mit, wie das Verhängnis sich über den Liebenden zusammenbraut.
Obwohl es doch nur Puppen sind, deren Schicksalsfäden sichtbar sich verknoten, entstehen Schrecken und Gefühle. Dabei geben sich die drei Puppenspieler Mühe, maskiert und kostümiert höchstpersönlich in die Handlung - und nicht nur in die Fäden - einzugreifen, indem sie den komödiantischen Rahmen spannen, Instrumente einsetzen, das Publikum zu einem altenglischen Lied ermuntern: Mal wird der Rücken des einen zum Spielgrund, mal sind sie der Resonanzboden des Geschehens, mal Zufluchtsort der Puppen, oder sie schlüpfen selbst in eine Rolle.
Die Musik vom Band stützt, leitmotivisch genutzt, die Handlung in der halbdunklen Kastenszenerie und in der verschleierten Helligkeit. Besonders eindrucksvoll gelingt die Schiffsreise nach Cypern im bewegten Spiel von Farben und Tüchern.
»Wo es Glück gibt, gibt es Neider«, verrät Shakespeare, und der intrigante, eiskalt berechnende Jago ist hier nicht nur mit einer Nase gekennzeichnet, die er einfach in alles stecken muss, sondern entlarvt sich als Mephisto mit Spaß am teuflischen Spiel: Die Saat des Zweifels geht auf.
Hatte man zuweilen den Eindruck, dass die komödiantische Verpackung und poetischen Momente die tragische Entwicklung abmildern sollten, intensivierte das Geschehen - wie in einem Brennglas sich erhitzend - die vorbedachte Unerbittlichkeit eindrucksvoll. Langanhaltender Beifall am Schluss.

Artikel vom 03.03.2007