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Jetons bleiben am Dieb kleben

Einem Sicherheitsmann fallen merkwürdige Handbewegungen auf

Von Matthias Band
Bad Oeynhausen (WB). Tatort Casino: Ein 55-jähriger Deutsch-Rumäne spielt Roulette. Mit Hilfe von Klebestreifen auf dem Handrücken angelt er sich Jetons vom Tisch. Dabei wird er jedoch beobachtet. Das Casino ruft die Polizei. Ob sich die Tat so abgespielt hat, musste gestern das Amtsgericht klären.

Die Anklage lautete auf Diebstahl von Jetons im Wert von 700 Euro. Der Trick dabei war simpel und genial zugleich: Der Angeklagte soll sich am 25. November 2005 an den Kopf eines Roulette-Tisches gestellt haben, um seine 10-Euro-Jetons so auf dem Tisch platzieren zu können, dass er seine Hand auch über die Jetons seiner Mitspieler strecken musste. Mit Hilfe der Klebestreifen soll er sich dabei die fremden Jetons geangelt haben.
Der Witz an der Sache: Eigentlich hatte der Angeklagte, der nach eigenen Angaben in Frankfurt als Hausmeister arbeitet, Hausverbot in Bad Oeynhausen sowie allen weiteren Casinos in Deutschland und Österreich.
Nach Aussage eines österreichischen Sicherheitsberaters, der im November 2005 anonym vor Ort war, um die Abläufe im Casino zu überprüfen, hatte der Deutsch-Rumäne bereits wegen ähnlicher Vergehen in Bregenz und Wien vor Gericht gestanden. »Irgendwie kam der er mir von Anfang an bekannt vor. Guter Anzug, auffällige Krawatte. Das ganze Auftreten kannte ich irgendwie«, sagte der Österreicher, der gestern als Zeuge geladen war. Weil der Angeklagte immer wieder auffällige Handbewegungen gemacht und sich mit seinem Begleiter nur auf rumänisch unterhalten habe, sei er aufmerksam auf die beiden geworden. »Ich habe dann genau beobachtet, wie er die Jetons mitgehen ließ«, sagte der Österreicher.
Daraufhin habe er seine eigene Tarnung auffliegen lassen und Mitarbeiter des Casinos über den Diebstahl informiert. Die Polizei hatte den 55-jährigen Mann dann festgenommen.
Wie er allerdings ins Casino gelangen konnte, obwohl er Hausverbot hatte, darüber konnte selbst der Bereichsleiter des Casino nur Vermutungen anstellen. Wahrscheinlich habe er bei der Ausweiskontrolle am Eingang gefälschte Papiere vorgelegt. Möglich sei aber auch, dass er über den Spielautomaten- in den Roulettebereich gelangt sei.
Der Angeklagte machte selbst keine Aussage. Er ließ aber über seinen Frankfurter Rechtsanwalt erklären, dass er am 25. November im Oeynhausener Casino war und Roulette gespielt hatte. Den Vorwurf des Diebstahls bestritt der Anwalt allerdings. Die 700 Euro habe sein Mandant rechtmäßig gewonnen.
Obwohl die Polizei Kleber am Daumen des Deutsch-Rumänen gefunden hatte, war die Beweislast dünn.
Richterin Britta Kurhofer-Lloyd hatte keine Zweifel an der Aussage des Sicherheitsberaters. Weil dem Deutsch-Rumänen jedoch die Höhe der Beute nicht nachweisbar war, stellte sie das Verfahren gegen eine Geldbuße von 800 Euro vorläufig ein. Der Angeklagte kann die Summe in Raten von je 150 Euro abzahlen. Jetons wird das Gericht aber wohl nicht akzeptieren.

Artikel vom 02.03.2007