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»Ich bin einfach nur glücklich«

Interview mit Oscar-Preisträgerin Silke Buhr (»Das Leben der Anderen«)

KreisHerford (BZ). Silke Buhr ist seit Sonntag die glücklichste Löhnerin der Welt. Mit einem Oscar im Gepäck flog die 40-Jährige gestern von Los Angeles zurück in ihre Wahlheimat Berlin. Wie sie den Moment des Glücks, den anschließenden Veranstaltungsmarathon und den Glanz und Glamour Hollywoods erlebt hat, das schildert Silke Buhr im Gespräch mit Redakteur Per Lütje.

Herzlichen Glückwunsch zum Oscar. Wo bewahren Sie ihn eigentlich auf?
Er steht auf dem Schreibtisch im Hotelzimmer. (Alle an der Filmproduktion Beteiligten haben eine kleine Ausgabe der Goldstatue erhalten, Anm. d. Red.)

Wo und vor allem wie haben Sie den Augenblick erlebt, als die Schauspielerin Cate Blanchet »Das Leben der Anderen« als Sieger-Film nannte?
Ich war mit 250 anderen Gästen in einer traumhaft schönen Villa, die von der Produktionsfirma gemietet worden war. Überall waren Fernseher aufgestellt, auf denen die Oscar-Verleihung übertragen wurde. Je näher die Entscheidung rückte, desto ruhiger wurde es. Als dann der Gewinner verkündet wurde, ging ein Aufschrei durch die Menge, und wir sind uns alle in die Arme gefallen. Ich bin einfach nur glücklich.

Haben Sie mit dem Oscar gerechnet? Schließlich wurde der Film als Favorit gehandelt.
In Deutschland wurde er das. In den USA hatte ich aber einen ganz anderen Eindruck. Wo immer der Name »Pans Labyrinth« (Oscar-nominierter Film aus Spanien, Anm. d. Red.) gezeigt wurde, tobte der Saal. Bei uns gab es freundlichen Applaus. Aber natürlich habe ich gehofft. Auch, weil ich von der Qualität des Film überzeugt bin. Trotzdem wurde mir schon ein bisschen mulmig, als in einem Trailer zur Preisverleihung Titel gezeigt wurden, die bereits als beste ausländische Produktion mit dem Oscar ausgezeichnet wurden. Darunter sind Klassiker, die Filmgeschichte geschrieben haben, zum Beispiel »La Strada«.

Sie konnten die Verleihung nicht im Kodak Theatre verfolgen. Waren Sie wenigstens auf der großen After-Show-Party und haben die Stars aus Hollywood getroffen?
Nein, wir sind bis zum Morgengrauen in der Villa geblieben, haben getanzt, gefeiert und gegessen. Selbst Regisseur Florian Henckel von Donnersmarck und die Hauptdarsteller waren nur kurz auf der offiziellen After-Show-Party und kamen anschließend zu uns rüber. Insofern habe ich auch keine amerikanischen Schauspieler getroffen.

Szenenbildner, die den Oscar gewonnen haben, kann man an drei Fingern abzählen. Sie müssen sich vor Angeboten aus Hollywood kaum retten können.
Für mich ist der Oscar ein Wahnsinnstraum. In den USA hat aber der Oscar für den besten ausländischen Film einen geringeren Stellenwert als in den anderen Kategorien. Hollywood ist schön und sehr interessant. Aber mich zieht es nicht dorthin. Ich fühle mich in meiner Wahlheimat Berlin sehr wohl.

Was glauben Sie, was der Oscar für »Das Leben der Anderen« für den deutschen Film bedeutet?
Ich hoffe und bin mir sicher, dass diese Auszeichnung dem deutschen Film einen Schub geben wird. Das kann unserer Filmlandschaft nur gut tun.

Wann wird man wieder eine Filmproduktion sehen können, für dessen Ausstattung Sie verantwortlich sind?
Ich recherchiere gerade für einen großen Fernsehfilm über den Mauerfall, der wahrscheinlich 2009 ausgestrahlt wird. Ende August beginnen die Dreharbeiten.

Werden Sie noch ein paar Tage in Los Angeles bleiben, um den ganzen Trubel zu verarbeiten?
Nein. Heute Abend fliege ich bereits über London nach Berlin zurück. Vielleicht werde ich dann am Freitag nach Löhne kommen, um meine Familie zu besuchen. Je nachdem, wie ich mich nach dem ganzen Oscar-Stress fühle.

Als Oscar-Gewinnerin wird Ihnen die Produktionsfirma doch wohl einen Rückflug in der Business-Klasse spendieren.
Nein (lacht). Ich bin in der Economy-Class hingeflogen und fliege auch genauso zurück.

Artikel vom 02.03.2007