02.03.2007 Artikelansicht
Ausschnitt Zeitungsausschnitt
Drucken Drucken

 

Almetalbahn ist »Schatz« der Region

Wissenschaftler fordert neues Nachdenken: eine der schönsten Strecken Deutschlands

Von Bernhard Liedmann (Text)
und Wolfram Brucks (Fotos)
Kreis Paderborn (WV). »Über die Almetalbahn muss neu nachgedacht werden«, fordert Dr. Georg Römhild, Dozent für Wirtschafts- und Fremdenverkehrsgeographie an der Universität Paderborn. Die Bedeutung dieser Strecke für den großen Verkehrsraum, die Kulturlandschaft und den Tourismus bis in das Sauerland hinein sei bislang zu kleinräumig betrachtet worden. Sechs Millionen Euro für eine Reaktivierung seien angesichts der Kosten beispielsweise für einen Schulbau gar nicht so hoch.

Das einfache Kostenargument sei »zu flach«, so der Paderborner Wissenschaftler. Die bisherigen Untersuchungen beispielsweise seitens des Flughafen und des Kreises zu einer Betriebswirtschaftlichkeit der Strecke von Paderborn nach Brilon seien einfach zu »sektoral«, langfristig müsse globaler gedacht werden, kritisiert der Wissenschaftler den Abbau der Schienen im Paderborner Bereich. Die Almetalbahn als Teil der Nord-Süd-Verbindung berge ein großes Potential für die Region.
Allein beim Verkehr sei heute bereits absehbar, dass der Güterverkehr auf der Straße nicht beliebig aufstockbar ist. Derzeit wird damit gerechnet, dass in den kommenden zehn Jahren der Gütertransport um 60 Prozent zunehmen wird, so Römhild. Im Rahmen eines Verkehrsnetzes werde die Bahn dann beispielsweise die Verbindung Paderborn-Kassel als eine »Verfügungsstrecke« für die Verbindung Bielefeld-Frankfurt nutzen für die Entlastung des eigenen Schienenverkehrs.
In Verbindung mit der Sennebahn biete die Almetalbahn eine Verknüpfung der Verdichtungsräume Bielefeld/Herford/Minden über Korbach bis in den Rhein-Weser-Bereich und nach Frankfurt hinein. Über die Almetalbahn können neben den bestehenden zwei Ost-West-Korridoren eine gute Nord-Süd-Anbindung an Mitteldeutschland über das Sauerland geschaffen werden. Diese netzttheoretischen Untersuchungen hätten bislang eine zu untergeordnete Überlegung bei Planungen gespielt, zumal die Hauptstrecken der Bahn bereits jetzt an Kapazitätsgrenzen stießen. Langfristig für die Entwicklung der Großregion seien die geschätzten Kosten über sechs Millionen Euro für die Reaktivierung dann realtiv. Ein Schulneubau erreicht heutzutage die gleiche Größenordnung. Römhild: »Derzeit fehlt einfach der Wille für ein attraktives Schienennetz!« Die Sennebahn habe beispielsweise eine Aufwertung erfahren und werde nach signaltechnischer Aufbesserung in der Attraktivität noch steigen.
Auch touristisch müsse die Almetalbahn Bahn unter der Zubringer-Funktion betrachtet werden. Die herrausragende Kulturlandschaft der Region bis ins Sauerland hinein könne über diese Nord-Süd-Verbindung erschlossen werden. Sie sei eine der schönsten Eisenbahnstrecken Deutschlands. Zum Einsatz könnten beispielsweise gerade unter diesem Aspekt Glaskuppel-Waggons kommen. Entsprechende Investitionen würden weitere positive Effekte zeigen.
Leider, so Römhild habe sich die Bahn aus der Fläche zurückgezogen. Die Strecke hätte seinerzeit nicht verkauft werden dürfen. »Man hätte den Daumen drauf halten sollen«, der Schienenabbau mit der Reduzierung der Strecke auf den Metallwert sei die schlimmste Form gewesen. Den globaleren Ansatz zur Nutzung dieser Bahnverbindung sollte vielleicht eine Arbeitsgruppe leisten mit Fachleuten aus verschienden Fachbereichen, wünscht sich der Wissenschftler einen neuen »ganzheitlichen Ansatz« zur Ermittlung des Machbaren.

Artikel vom 02.03.2007