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Arbeitslose Familie klagt über Pro Arbeit

Nach geplatztem Beratungstermin gibt's weniger Geld

Bad Oeynhausen-Wulferdingsen (WB). Mit 124 Euro weniger im Monat muss die dreiköpfige Familie Westphal aus Wulferdingsen zurecht kommen, weil sie die Anforderungen von Pro Arbeit nicht erfüllt hat. Die Westphals, die nun bis Ende April von 602 Euro leben müssen, fühlen sich ungerecht behandelt.

»Termine bei der Arbeitsberatung sind unbedingt wahrzunehmen!« So steht es in den Rechtsfolgebelehrungen für Arbeitslosengeld (ALG)-II-Empfänger.
Ulrike Westphal hatte am 21. Dezember des vergangenen Jahres einen Termin bei Pro Arbeit. Drei Tage vorher rief sie an, um diesen Termin abzusagen. »Ich sollte um 11 Uhr da sein«, schildert sie ihre Beweggründe, »aber da ich keinen Führerschein habe, muss ich mit dem Bus fahren. Normalerweise kriegen wir das ganz gut hin, aber für diesen Tag konnte mein Mann seine Schicht für die Sozialstunden, die er ableisten muss, nicht verschieben. Deshalb hatte ich keinen, der unsere Tochter aus dem Kindergarten abholt.« Mit diesen Gründen stieß sie bei ihrer Ansprechpartnerin bei Pro Arbeit auf wenig Entgegenkommen. »Da hat sie mich angeschrien, das würde sie nicht am Telefon besprechen - ich würde einen neuen Termin bekommen.« Doch dieser neue Termin sei nie eingetroffen.
Statt einer Klärung dieser Angelegenheit erfuhr Thomas Westphal im Januar vom Sachbearbeiter der Familie beim Sozialamt, dass das ALG II seiner Frau um zehn Prozent gekürzt wurde. Ulrike Westphal bekam einen neuen Termin im Januar, um ihre Bemühungen um Arbeit nachzuweisen. Dies geschieht mit Hilfe eines Zettels, auf der die Arbeitssuchenden aufschreiben müssen, bei wem sie sich wann nach Arbeit erkundigt haben. »Da bin ich auch dagewesen«, sagt die 39-Jährige. »Allerdings hatte ich diesmal nur vier Einträge auf meinem Zettel, statt der abgesprochenen acht bis zehn.« Als Antwort bekam sie zu hören, das wäre etwas wenig. »Aber in was für einem Tonfall!«, sagt Ulrike Westphal empört. »Da fühlt man sich abgewertet.«
Die 39-Jährige sucht seit zwei Jahren Arbeit. Wegen ihrer vierjährigen Tochter will sie nur halbtags arbeiten. »Jaqueline hat Zöliakie, eine Stoffwechselkrankheit«, erzählt sie, »deshalb muss mittags jemand zu Hause sein, um ihr das Spezial-Essen zu machen.«
Die Nachlässigkeit beim Bewerben hatte Folgen für Ulrike Westphal. Ihr Mann erfuhr vom Sozialamt, dass ihr ALG II erneut gekürzt wurde - um zusätzliche 30 Prozent.
Rechtlich gesehen befinden sich das Sozialamt und Pro Arbeit auf der sicheren Seite. In den Richtlinien werden die ALG-II-Bezieher darüber informiert, dass ihre Bezüge um zehn Prozent gekürzt werden können, wenn ein Empfänger ohne wichtigen Grund den Beratungstermin absagt.
»Das war im Fall von Frau Westphal gegeben«, sagt dazu Sabine Völkening, Teamleiterin der Pro-Arbeit-Geschäftsstelle Bad Oeynhausen. »Als sie im Dezember anrief, um den Termin abzusagen, gab sie als Begründung an, sie hätte kein Geld für den Bus. Der Termin wurde ihr jedoch bereits vier Wochen im Voraus mitgeteilt. In diesen vier Wochen hatte sie ausreichend Zeit, sich das Geld zurückzulegen oder einen Gutschein für die Fahrt vom Sozialamt zu holen. Zudem erhalten unsere Kunden ihre Auslagen erstattet.«
Ebenso überrascht zeigte Völkening sich über die Vorwürfe gegen die Sachbearbeiterin: »Ich kann mir nicht vorstellen, dass sich unsere Mitarbeiter im Ton vergreifen. Sie sind alle gut geschult, und speziell Frau Westphals Sachbearbeiterin ist dafür bekannt, dass sie gut auf Probleme ihrer Kunden eingeht.« Bei Kunden mit Kindern gehe Pro Arbeit sehr sensibel vor.
Im Fall der ALG-II-Kürzung um 30 Prozent verweist sie ebenfalls auf die Gesetze. »Werden die Vorgaben nicht eingehalten, sind wir gesetzlich verpflichtet, das dem Sozialamt mitzuteilen. Die Mitarbeiter dort führen eine Prüfung durch und entscheiden dann, ob Gründe für eine Kürzung vorliegen oder nicht.«
Sabine Völkening sagte, sie verstehe nicht, warum die Familie den Weg an die Öffentlichkeit gegangen sei, anstatt ihren Fall dem Beschwerdemanagement von Pro Arbeit vorzulegen.

Artikel vom 02.03.2007