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29 Kinder sind in ihrer Familie nicht sicher

Jugendamt muss immer häufiger eingreifen: Eltern mit der Erziehung häufig überfordert


Bad Oeynhausen (mba). Im vergangenen Jahr hat das Jugendamt 29 Kinder und Jugendliche aus ihren Familien geholt. »In zwei Fällen haben wir den Eltern sogar das Sorgerecht entzogen und die Kinder in Pflegestellen gebracht«, sagte Eckhard Mohrmann vom Jugendamt. Er präsentierte den Sachstandsbericht zum Kinderschutz am Dienstagabend im Jugendhilfeausschuss.
Der Bericht offenbarte alarmierende Zahlen: Im Vergleich zum Jahr 2005 ist die Anzahl der Kinder und Jugendlichen, die das Jugendamt 2006 in Obhut nehmen musste, um sieben gestiegen. Die Anzahl der Anzeigen sei ebenfalls deutlich höher als im Vorjahreszeitraum. Genaue Zahlen konnte Mohrmann allerdings nicht nennen. Auch Angaben über die von Misshandlung, Vernachlässigung oder sexuellen Missbrauch betroffenen Altersgruppen gibt es nicht: »Wir führen keine Statistik.«
Doch eines stellte Mohrmann klar: »Unsere Mitarbeiter waren noch nie so oft unterwegs wie 2006.« Verantwortlich für die hohe Einsatzzahl des Jugendamtes seien die komplexen Probleme in Familien: Arbeitslosigkeit, Alkohol- und Drogenkonsum zerstörten die Familienstrukturen, sagte Mohrmann. »Es gibt immer mehr Eltern, die völlig mit der Erziehung ihrer Kinder überfordert sind.«
Das wirke sich auch auf die Kinder und Jugendlichen aus. Eine Stadt wie Bad Oeynhausen müsse sich in Zukunft auch mit dem Thema Amoklauf in Schulen auseinandersetzen. Zudem seien immer mehr Mütter in Bad Oeynhausen unter 16 Jahre alt. »Eine Entwicklung, die mir Sorgen macht«, so der Fachmann. »Wir bekommen immer wieder anonyme Hinweise, dass Kinder total verwahrlost sind und sich niemand um sie kümmert.« Manchmal seien die Eltern psychisch krank, manchmal hätten die Kinder Angst, nach Hause zu gehen, weil sie von ihren Eltern geschlagen würden. »In Einzelfällen sind diese Kinder so mutig und wenden sich direkt an uns.«
Die Verweildauer der Kinder und Jugendlichen in den Jugendschutzeinrichtungen oder bei Pflegeeltern sei indes sehr unterschiedlich. »Einige bleiben ein paar Monate von ihren Eltern getrennt. Die meisten bringen wir aber bereits nach wenigen Tagen zurück.« Das setze aber intensive Gespräche mit den Eltern und eine Beratung voraus.
»Wir müssen für die Zukunft sehen, dass wir mehr für die Prävention tun und alle in ein Boot holen. Eltern, Kinderärzte, Kindergärten und Jugendamt.« Im April ist deshalb eine Fachtagung in Bad Oeynhausen mit Vertretern der Jugendämter im Kreis und Vertretern freier Jugendeinrichtungen geplant.

Artikel vom 01.03.2007