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Stadtbeamter
im Visier der
Justizbehörden

Verdacht auf Untreue und Betrug

Von Rainer Grotjohann
Bünde (BZ). Ein Beamter der Stadtverwaltung soll die Stadt Bünde um mehrere 1000 Euro betrogen und beim SPD-Stadtverband eine hohe fünfstellige Summe veruntreut haben. Die Ermittlungen bezüglich der Straftaten zu Lasten der Stadt stehen kurz vor dem Abschluss.

Das hat die Staatsanwaltschaft Bielefeld gestern auf Anfrage bestätigt. Der 34-jährige Stadthauptsekretär soll aus der Kasse des Festausschusses der Personalvertretung mehrere 1000 Euro in die eigene Tasche umgeleitet haben. Die Strafverfolgungsbehörde geht in vier Fällen von Betrug und in einem Fall von Veruntreuung aus. Der Beschuldigte bestreitet die Taten, er ist seit mehreren Monaten vom Dienst freigestellt.
Sehr viel schwerer wiegen jedoch die Vorwürfe, die die mutmaßliche Untreue gegenüber dem SPD-Stadtverband betreffen. Die polizeilichen Ermittlungen laufen noch, in Rede stehen 190 Fälle von Untreue. Als früherer Kassenführer der Bünder SPD soll der Beamte im mittleren Dienst über mehrere Jahre eine Summe von insgesamt etwa 50 000 Euro von Parteikonten abgehoben und für eigene Zwecke ausgegeben haben. Stadtverbandsvorsitzender Horst Beck, seit Frühjahr 2005 in diesem Amt tätig, bestätigte den Sachverhalt: »Uns liegt ein notariell beglaubigtes Schuldanerkenntnis des Betroffenen vor«.
Nach seinem Amtsantritt habe er, Beck, sich einen Überblick über die Kontobewgungen gemacht und schnell Verdacht geschöpft. Daraufhin habe er die Revisoren des Stadtverbandes informiert. Gegenüber dem Vorstand habe der Kassenführer seine Verfehlungen eingestanden und sei sofort seines Amtes enthoben worden.
»Wir wollten ihm die Zukunft nicht verbauen und haben deshalb von einer Strafanzeige abgesehen«, sagte Beck. Diese Entscheidung, betonte er, sei nach anwaltlicher Beratung gefallen: Der Vorstand wollte sicher gehen, sich durch die Nichtanzeige der Straftaten nicht selbst strafbar zu machen.
Die SPD-Spitze gab dem Geständigen Ñ nach Rücksprache mit übergeordneten Parteigremien - die Chance, den Schaden wieder gut zu machen. Das hat er nach Aussage von Beck auch getan: »Er hat bereits den größten Teil der Summe zurück gezahlt«.
Erste Verdachtsmomente hatte es bereits im Kommunalwahlkampf 2004 gegeben, als es immer wieder Finanzengpässe gab. Der damalige Bürgermeisterkandidat, der vor Monaten verstorbene Rolf Rabe, sprang mehrfach ein und finanzierte den Wahlkampf aus eigener Tasche durch erhebliche Summen mit.
Auf die Fälle von Veruntreuung gegenüber der SPD stieß die Staatsanwaltschaft erst im Rahmen der Ermittlungen wegen der Entnahmen aus der Festausschusskasse. Dabei tauchte ein Aktenvermerk auf, den ein weiterer Stadtbediensteter noch vor Bekanntwerden der neuen Vorwürfe gefertigt hatte. Dieser Beamte hatte erst nach der Ablösung des beschuldigten SPD-Kassenführers das Amt eines von zwei neuen Kassenprüfern übernommen. Er informierte die Verwaltungsspitze darüber, dass sein Parteigenosse in der Stadtverwaltung besser nicht mit Aufgaben betreut werden sollte, bei denen er Zugriff auf Geld habe.
Dem jetztigen Parteivorstand und den beiden neuen Kassenprüfern können also offensichtlich keinerlei Vorwürfe gemacht werden. Anders stellt sich die Lage bei den Revisoren dar, die während der Amtszeit des früheren Kassenführers die Belege zu prüfen hatten. Nach Informationen dieser Zeitung wird gegen diese drei Personen in einem abgetrennten Verfahren ermittelt - wegen Begünstigung und Beihilfe zur Unterschlagung.

Artikel vom 28.02.2007