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Sie lehrt Blinde, selbstbewusst zu leben

Sabriye Tenberken liest aus »Das siebte Jahr - Von Tibet nach Indien« in Bad Driburg

Von Wolfgang Braun
Bad Driburg (WB). Sie hat mit der Gründung eines Blindenzentrums in Tibet weltweit für Aufsehen gesorgt: Am Montag, 5. März, 20 Uhr, liest Sabriye Tenberken in der Aula der Katholische Grundschule an der Jahnstraße in Bad Driburg.

Der Mut der blinden Frau ist außerordentlich. Allein war die 1970 in Bonn geborene Tibetologin in dieses geheimnisumwobene Land auf dem Dach der Welt gekommen. Gegen heftigste Widerstände gründete sie in Lhasa gemeinsam mit ihrem niederländischen Freund Paul Kronenberg ein Trainingszentrum für Blinde. Ziel dieses Projektes - benannte nach dem Entwickler der Blindenschrift »Braille ohne Grenzen« - ist es, dass Kinder und Erwachsene lernen, sich selbst in die Welt der Sehenden integrieren. Sie hatte mit zwölf Jahren ihr Augenlicht nach einer schleichenden Erkrankung verloren.
Sabriye Tenberken, die auch in Bad Driburg von ihrem Lebensgefährten Paul Kronenberg begleitet wird, liest in dieser Veranstaltung der Buchhandlung Saabel aus ihren neuesten Buch »Das siebte Jahr - von Tibet nach Indien«. Bekannt wurde sie nicht zuletzt durch ihre Talkshow-Auftritte. Mit »Mein Weg führt nach Tibet« hatte sie 2000 einen Bestseller gelandet. In ihrem dritten Buch, das im Kölner Kiepenheuer & Witsch-Verlag erschien, schildert sie auch eine waghalsige Expedition zu einem Nachbargipfel des Mount Everest: Der US-Amerikaner Erik Weihemayer, der 2001 als erster Blinder den höchsten Berg der Erde eroberte, hatte sie dazu überredet, zusammen mit Kinder aus ihrem Zentrum an dieser »Climbing-Blind Mission« im Herbst 2004 teilzunehmen. Sie endete in einem Schneesturm. Das Projekt sollte dazu dienen, Blinde die nötige Anerkennung zu verschaffen. Denn in Tibet, wo Sehbehinderung unter anderem wegen hoher UV-Strahlenbelastungen und Vitamin-A-Mangelerscheinungen häufig sind, werden davon betroffene Kinder in der Regel ausgegrenzt.
Als Sabriye Tenberken 1997 nach Tibet kam, brachte sie eine vor ihr auf der Basis des Braille-Systems entwickelte tibetanische Blindenschrift mit. Ihr Blindenzentrum, das auch von chinesischen Behörden anerkannt wird, vereinigt eine Grundschule zum Training von Techniken wie der Blindenschrift und den Gebrauch des Stocks. Daran schließt sich eine Berufsausbildung im Bereich der Landwirtschaft, in blindengeeigneten Computerberufen oder in der Krankenpflege an. In Tibet wird Sabriye Tenberken, die viel Lebensfreude und Energie ausstrahlt, »Glücksblume«, genannt.
Nach den Schwierigkeit des Anfangs fand sie Anerkennung überall in der Welt. So wurde sie 2003 von der holländischen Königin in den »Orden der Ritter von Oranien und Nassau« aufgenommen, 2005 erhielt sie aus den Händen des Bundespräsidenten Dr. Horst Köhler das Bundesverdienstkreuz am Bande. Neben dem Blindenzentrum in Lhasa hat sie eine Farm für Blinde im tibetischen Hochland und ein College in Südindien gegründet, wo Blinde lernen, selbst Projekte für sich zu entwickeln.

Artikel vom 28.02.2007