28.02.2007 Artikelansicht
Ausschnitt Zeitungsausschnitt
Drucken Drucken

 

Mit Fritz Wixforth im Käfer

Reinhard Mohn gewährt Einblicke in seinen Geburtstagsfilm

Von Wolfgang Wotke
und Stephan Rechlin
Gütersloh (WB). Drei Aufführungen im »Bambi«, dreimal ausverkauft. Das Interesse am Film über den Bertelsmann-Patriarchen Reinhard Mohn ist riesengroß. Mitarbeiter des Konzerns und die Lokalpresse durften ihn jetzt erstmals sehen.

Der Film ist wie eines jener »Doku-Dramen«, die zuletzt auf ARD, ZDF und manchmal auch auf RTL zu sehen waren. Filme wie »Stauffenberg«, »Speer«, »Springer« oder »Wehner«, in denen historische Filmdokumente mit möglichst authentischen Spielszenen vermischt werden. Der Unterschied zum Mohn-Film: Statt der historischen Film-Sequenzen werden Interview-Szenen mit Reinhard Mohn eingeblendet. Und: Nicht ein Fernsehsender hat entschieden, welche Persönlichkeit nun dargestellt wird, sondern die Vorstandsmitglieder der Bertelsmann AG. Sie haben Reinhard Mohn den Film zum 85. Geburtstag geschenkt. Als »Doku-Fiction« bezeichnete Dr. Gunter Thielen, Vorstandsvorsitzender der Bertelsmann AG, den Film bei der Kinovorführung. Wichtigste Gemeinsamkeit zum »Doku-Drama«: Sebastian Koch spielt mit.
Mit Filmen konnte man Reinhard Mohn schon immer eine Freude bereiten. In den siebziger Jahren machte die WDR-Dokumentation »Der stille Mann von Gütersloh« Reinhard Mohn bundesweit populär und ermöglichte hausintern die eine oder andere Karriere. Es folgte vor einigen Jahren ein längeres Interview mit dem Moderator Klaus-Peter Siegloch in der ZDF-Reihe »Zeugen des Jahrhunderts«. Der neue Film mit dem Titel »Es müssen mehr Köpfe ans Denken kommen« ist die Aufzeichnung und filmische Rekonstruktion der Erinnerungen des 85-jährigen Mohns. Für den Besuch des Filmes empfiehlt sich der Erwerb einer Brille. Es gibt verschiedene Modelle.
Ein Gütersloher - dem eine Vorführung über kurz oder lang wohl auch angeboten wird - dürfte sich besonders für die Nachkriegs-Kulisse interessieren. Für die Szene zum Beispiel, in der Sebastian Koch aus dem Gütersloher Bahnhof hinaus auf ein Trümmerfeld tritt. Die Stadt sieht im Film fast wie das zerstörte Dresden aus oder das zerbombte Berlin. »Das ist realistisch. An der Kaiserstraße gegenüber des Bahnhofes lag der Bertelsmann-Verlag in Schutt und Asche. Er war das Ziel von Bombenangriffen,« erläutert Zeitzeuge Rudolf Herrmann, der wie Stadtarchivar Stephan Grimm zuvor vom »Teamworxx«-Filmteam genauestens zur Situation Güterslohs befragt worden war. Sebastian Koch/Reinhard Mohn vor einer der ersten Druckmaschinen, mit dem Schauspieler Detlev Kappluch als Verlagschef Fritz Wixforth im VW-Käfer auf Leserfang, auf der ersten großen Betriebsfeier nach dem Krieg - so lebendig kann Geschichte sein.
Ein Bertelsmann-Mitarbeiter dagegen könnte stärkeres Interesse an den Ursprüngen der Unternehmenskultur haben. Dazu gibt es viele Statements - nicht nur von Mohn, sondern auch von Helmut Schmidt, Manfred Lahnstein, Rita Süssmuth. Ein Fazit daraus ist überraschend. Wer mehr über die Unternehmenskultur von Bertelsmann erfahren will, sollte eher Zeitreisen an die Kriegsschauplätze in Italien und Tunesien und in amerikanische Gefangenenlager unternehmen. Dort gewann Mohn seine Überzeugungen.

Artikel vom 28.02.2007