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Brutaler Kampf um Land

Gütersloherin Sarah Potthoff beklagt Zustände auf den Philippinen

Von Matthias Meyer zur Heyde
Gütersloh/Bondoc (WB). Anfang Februar hat ein Wachmann einem Kleinbauern auf den Philipppinen die linke Hand abgehackt (das WESTFALEN-BLATT berichtete). Die aus Gütersloh stammende Soziologin Sarah Potthoff, die in Bielefeld lebt, weilt als Menschenrechtsbeobachterin am Ort des Geschehens. Sie konnte sich wegen fehlender Kommunikationsmittel erst jetzt direkt mit dem WESTFALEN-BLATT in Verbindung setzen.

Die 28-Jährige arbeitet für das Friedensbeobachtungsnetzwerk IPON. Auf den Philippinen tobt ein Kampf um Land: Die Großgrundbesitzer weigern sich, die Agrarreform von 1988 umzusetzen, derzufolge sie etwas Land an Kleinbauern abgeben müssen. Diese pachten bisher ein paar Hektar, werden jedoch schikaniert, sobald sie einen Antrag auf eigenen Besitz stellen.
»Am 30. Januar bin ich erneut nach Bondoc [Halbinsel südöstlich von Manila; d.Red.] gefahren, diesmal in die Gemeinde San Francisco«, schreibt Sarah Potthoff. Sie und ihr IPON-Kollege Andreas Herrmann kamen auch in das Dorf Nilantangan, deren Bewohner Land der Großgrundbesitzerfamilie Matias gepachtet haben. Einige von ihnen stellten bereits 2003 Anträge auf eigenen Besitz. Daraufhin »ließ der Großgrundbesitzer die Antragsteller von bewaffnetem Wachpersonal (Goons) von dem gepachteten Land vertreiben und verbot ihnen jeden weiteren Zutritt. Er ließ Nilantangan mit einem Stacheldraht einzäunen«, schreibt Sarah Potthoff. Aufenthalt und Ernte sind jetzt nur noch Pächtern erlaubt, die keine Anträge gestellt haben. Die Kleinbauern »wurden seit 2003 immer wieder von den bewaffneten Goons bedroht, die ihre Waffen im Dorf offen zur Schau tragen.« Die Pächter bauen zwischen den Kokospalmen des Großgrundbesitzers Mais und Gemüse an, halten Schweine, Ziegen und Hühner. Sie müssen jedoch zwei Drittel seiner Ernte an den Großgrundbesitzer abführen, so dass ihnen wenig zum Leben bleibt.
Nilantangan liegt am Meer und ist auf drei Seiten von Großgrundbesitz umgeben. Ein Tor versperrt jetzt die - öffentliche! - Straße und bleibt Landantragstellern verschlossen. Wer nach Hause, nach Nilantangan will, muss dies heimlich tun - durch ein Loch im Zaun. Die »Illegalen« werden dann in der Regel wegen Betretens von Privateigentum angezeigt.
»Am 6. Februar habe ich einige Bauern aus Nilantangan zu einer Anhörung nach San Francisco begleitet, darunter Jhun Fernandez und seine Frau.« Fernandez ist der Mann, dem der Goon Roberto Mahini in Nilantangan mit der Machete die linke Hand abhackte und am Kopf verletzte. Sarah Potthoff ist empört: »Dies war bereits Mahinis fünfter Angriff auf Fernandez, seitdem der einen Antrag auf Landzuteilung stellte. Er wurde zweimal angeschossen und zweimal schwer mit der Machete verletzt.« Keiner der Täter wurde verhaftet, ein Haftbefehl erging nie. »Der Täter wurde mehrfach nachts im Dorf gesehen, auch während meiner einwöchigen Anwesenheit nach dem Übergriff.«
IPON meldete den Übergriff an lokale, regionale und nationale Regierungsstellen. »Auch Philip Alston, der UN-Sonderberichterstatter für politische Morde und Massenerschießungen, der momentan die Philippinen bereist, wurde informiert«, schreibt Sarah Potthoff aus Lucena.

Artikel vom 27.02.2007