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Und der Oscar geht
in den Kreis Herford

Silke Buhr (40) gewinnt begehrtesten Filmpreis

Von Matthias Band (Text und Foto)
Kreis Herford/Los Angeles (HK). Silke Buhr ist in den Film-Olymp aufgestiegen. Das deutsche Stasi-Drama »Das Leben der Anderen« hat in der Kategorie »Bester ausländischer Film« den Oscar gewonnen und damit auch die 40-jährige Löhnerin, die das Szenenbild des Kassenschlagers entwickelt hat.

Ihre Eltern aus Gohfeld sind sehr stolz auf ihre Tochter. »Das Gefühl ist unbeschreiblich. Dieser Erfolg ist einfach wunderbar«, sagte Ilse Buhr gestern dem HERFORDER KREISBLATT. »Fürs Kino hat sich Silke schon immer interessiert«, so die Mutter weiter. Wenn andere Mädchen in die Disco gegangen seien, habe sich Silke auf den Weg ins Kino gemacht. Manchmal auch allein. Ihre vier Jahre ältere Schwester Anke hatte andere Hobbys.
In den Sieben-Uhr-Nachrichten hatte die Mutter die Meldung noch verpasst. »Ich hatte das Radio zu spät eingeschaltet«, erzählt die 69-Jährige. »Ich hatte so eine Ahnung, aber andererseits dachte ich, was soll's, die Nominierung war ja auch schon ein Riesenerfolg.« Aber um 7.30 Uhr hörte sie die Nachricht und wusste es endgültig: Der Kinofilm »Das Leben der Anderen« hat den Oscar gewonnen. »Ich bin gleich zu meinem Mann gerannt und habe es ihm erzählt.« Die Liebe zum kreativen Gestalten hatte Silke Buhr bereits früh entdeckt. »Schon als Kind hat sie unheimlich gerne gemalt«, sagt ihre Mutter. Das hat sich auch in der Schule fortgesetzt. »In Kunst war sie immer sehr gut.« Zum richtigen Bauen und Gestalten gab es allerdings noch keine Möglichkeit. »Technikunterricht gab es damals noch nicht bei uns«, bestätigt Hans-Rainer Krahe, Rektor der städtischen Realschule Löhne. 1984 hat Silke Buhr dort ihren Abschluss gemacht.
Doch was damals aus ihr werden sollte, war lange unklar. »Bei der Verabschiedung meiner Tochter hat ihr Rektor gesagt, dass sie später unbedingt wieder kommen müsse, um ihn zu erzählen, was aus ihr geworden ist, weil er sie absolut nicht einschätzen konnte«, sagt Ilse Buhr. Ein unauffälliges Mädchen sei Silke damals gewesen. Besondere Einträge im Klassenbuch finden sich nicht, und auch ihr Klassenlehrer Igor Rosenpflanzer kann sich nur noch an den Namen erinnern. Der Gewinn des Oscars sei aber eine sensationelle Sache, sagte er gestern. Trotz des Riesenerfolgs gibt man sich im Hause Buhr bescheiden. »Von uns brauchen sie doch gar nicht so viel zu schreiben. Silke hat doch gewonnen«, wendet Vater Heinz Buhr ein. Er spricht lieber über seine Tochter als über sich - zum Beispiel davon, wie Silke Buhr erst gar nicht bei dem Stasi-Drama mitarbeiten wollte. »Die Bedingungen waren ganz schwierig. Dem Filmteam stand ja nur sehr wenig Geld zur Verfügung«, sagt Heinz Buhr. Deshalb sei seine Tochter anfangs skeptisch gewesen. Das exzellente Drehbuch habe sie dann aber überzeugt, so ihr Vater. »Weil das Filmteam kein Geld hatte, um Trabis für den Film anzumieten, mussten Silke und ihre Kollegen in Berlin nach Trabis suchen. Die haben regelrecht Handzettel in den Straßen verteilt und Freiwillige gesucht.«
Nach der Schule hat Silke Buhr zuerst eine Tischlerlehre in Bad Oeynhausen absolviert. Weil ihr das aber nicht ausreichte, studierte sie anschließend Innenarchitektur in Detmold. Doch Silke Buhr wollte mehr. Sie wollte Ideen verwirklichen und eigene Räume kreieren. Es zog sie nach München zur Filmhochschule. Dort hat sie die beiden Produzenten Max Wiedemann und Quirin Berg von »Das Leben der Anderen« kennen gelernt. Sie stellten den Kontakt zum Regisseur Florian Henckel von Donnersmark her.
Mittlerweile lebt Silke Buhr mit ihrem Lebenspartner und ihrem Sohn in Berlin. Vor einer Woche hatte sie noch gesagt, dass es sie nicht nach Hollywood zieht. Mit dem Oscar ist sie plötzlich eine der berühmtesten Szenenbildnerinnen der Welt.

Artikel vom 27.02.2007