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Sachsenlager unterm Dach

Im Widukindmuseum wird die Geschichte lebendig


Von Kerstin Sewöster
Kreis Herford (HK). Das »Tupperdöschen« wie Sascha Klauss das kleine Gefäss nennt, hat ihn viel Schweiß gekostet. In vielen Arbeitsstunden hat er es mit Säge und Feile bearbeitet, schließlich noch verziert. Was für ihn leidenschaftlicher Zeitvertreib in der Freizeit ist, war für die Sachsen mühsamer Alltag: aus Knochen Waffen, Kämme, Gefässe und andere Nützlichkeiten herstellen. Einen Einblick in die Handwerkstechniken im frühen Mittelalter konnten Besucher des Widukindmuseums in Enger gewinnen.
Den Veranstaltern bescherte das Event im Zuge der Feierlichkeiten zu Widukinds 1200. Todestag ein volles Haus. Viele nutzten die Gelegenheit zu einem ausgiebigen Bummel durch das Museum, bevor sie das Sachsenlager unterm Dach aufsuchten.
Brettchenweben, Naalbinding, das Bearbeiten von Leder wurden neben dem »Knochenjob« veranschaulicht. Sascha Klauss ist Mitglied des Verein »Projekte zur lebendigen Geschichte«. Die Mitglieder kommen aus der ganzen Bundesrepublik, treffen sich regelmäßig und begeistern sich für eine Sache: Das Leben der Menschen in der Vergangenheit.
Faszinierend vor allem, dass die Handarbeit früher zwar mühselig war, aber noch bis heute funktioniert. Beispielsweise die Dose aus Birkenrinde. »Das Mehl soll darin nicht verderben«, gibt Klauss Erfahrungsberichte von anderen wieder. Selbst ausprobiert hat er es allerdings noch nicht. Anders sieht das beim Feuermachen aus. Klauss greift zu seinem Ledersäckchen und holt die Zutaten für ein handgeschlagenes Feuer heraus. »Es braucht nur ein bisschen Übung.« Fast vergessen ist auch die Kunst des Naalbindings, eine Mischung aus Stricken und Häkeln. Gewebt wird mit handgefertigten Rahmen und selbstgesponnener Wolle. Das Thema Kleidung war bestimmend am Sonntag. Und dass das Handgewirkte nicht nur wärmte und Wasser abwies, sondern durchaus auch modischen Ansprüchen standhielt, bewiesen die Mitglieder von »Projekte zur lebendigen Geschichte« bei Modenschauen. Wer hätte gedacht, dass so viele Braun-Nuancen erreicht werden können, wenn mit Zwiebeln gefärbt wird?
Wer sich für Geschichte interessiert, aber das Sachsenlager verpasst hat, bekommt übrigens eine zweite Chance. Die Mitglieder von »Projekte zur lebenden Geschichte« lagern am Sonntag, 1. April, wieder im Widukind-Museum. Dann sind Wehrpflicht, Kriegsgerät und Jagdtechniken des frühen Mittelalters das Thema.

Artikel vom 27.02.2007