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Gesundheitsmarkt schafft
100 000 neue Jobs in NRW

Experte Dr. Josef Hilbert zu Themen rund um die Reform

Steinhagen (fn). Die Gesundeheitsreform: für die Opposition ist sie ein »Murks«, für die Regierung ein gelungener Kompromiss, gar eine Jahrhundertreform. Für Dr. Josef Hilbert, Dozent für Gesundheitswirtschaft, ist sie immerhin ein Schritt in die richtige Richtung. Auf Einladung der SPD benannte er Donnerstag im Ratssaal die künftigen Herausforderungen.

»Nach der Reform ist vor der Reform« - das sei nunmal die Realität auf diesem diffizilen Gebiet, betonte der Steinhagener, der Forschungsdirektor für Gesundheitswirtschaft und Lebensqualität am Institut für Arbeit und Technik an der Fachhochschule Gelsenkirchen ist und einen Lehrauftrag an der Uni Duisburg hat.
Leistungsverbesserung, Kostenverringerung, Sicherung der ortsnahen Versorgung -Êganz unterschiedliche Erwartungen seien an die Reform gestellt worden, führte die AWO-Vorsitzende und ehemalige Landtagsabgeordnete Ursula Bolte in das Thema ein. »Diese Fragen sind alles 100 000-Dollar-Fragen«, nahm Dr. Josef Hilbert den Faden auf. Er nutzte die Informationsveranstaltung aber auch, um über diese Problematiken hinaus die Dymnamik der Gesundheitsbranche vorzustellen.
Denn dank ständiger Innovation in der Medizintechnik und der wachsenenden Bereitschaft, für die eigene Gesundheit vorzusorgen, befinde sich die Branche in einem Boom, der sich auch in Arbeitsplätzen ausdrücke. Etwa 200 000 Menschen arbeiten demnach im Wellness-Sektor, 4,5 Millionen insgesamt in der deutschen Gesundheitsbranche. »Zwischen 1980 und 2000 war das ein echter Beschäftigungsbringer mit einem Plus von einer Millionen Jobs«, führte Hilbert aus. Allein in NRW rechnet Hilbert - auch bedingt durch mehr ältere Menschen - mit mindestens 100 000 neuen Arbeitsplätzen in naher Zukunft. »Gesundheit ist inzwischen Lifestyle«, sagte er.
Leider verstelle die politische Debatte allzuhäufig den Blick auf die wirtschaftlichen Chancen. Der Umsatz von 240 Milliarden Euro jährlich entspreche ungefähr dem der Automobil-Industrie. Doch während dort von einem Euro nur 25 Cent bei den Beschäftigten bleiben, sind es im Gesundheitssektor 75 Cent.
Ob der neue Gesundheitsfonds die Finanzierung der Krankheitskosten auf Dauer sichere, müsse erst die Zeit zeigen, war Dr. Josef Hilbert hier vorsichtig. Weitere Aufgaben sei die Schaffung besserer Arbeitsbedingungen, um Jobs in der Medizin attraktiver zu machen. Auch der internationale Wettbewerb etwa um Reha-Patienten stelle eine Herausforderung dar: »Deutschlands Chance kann da nur die passgenaue, anspruchsvolle Versorgung sein«, nannte Dr. Hilbert das Mittel der Wahl gegen Billig-Angebote aus Osteuropa.

Artikel vom 24.02.2007