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Akkord-Kaskaden mit innerer Ruhe gespielt

Pianist Matthias Kirschnereit glänzt beim Auftritt mit der Nordwestdeutschen Philharmonie

Von Wolfgang Günther
Paderborn (WV). Die Nordwestdeutsche Philharmonie spielte das fünfte Saisonkonzert in der Paderhalle unter Leitung des Gastdirigenten Frank Beermann.

In Abänderung des Programms begann das Konzert mit der »Egmont«-Ouvertüre op. 84 von Beethoven. Mit seiner Siebten Sinfonie A-Dur op. 92 am Schluss bildete somit das Werk des rheinischen Komponisten den Rahmen für das Solokonzert, das Konzert Nr. 2 c-Moll op. 18 von Rachmaninow.
Die Deutung dieser Ouvertüre ließ nur andeutungsweise das inhaltliche Konzept erkennen, das sich nur im Blick auf Goethes Trauerspiel erschließen lässt. Im forcierten Tempo näherte sich Beermann in Segmenten dem dramatischen Ablauf dieser Musik; so gelang es ihm nur ansatzweise, die Schwere des Sarabandenrhythmus als Ausdruck für die spanischen Unterdrücker zu gestalten. Zu schnell waren die dynamischen Höhepunkte erreicht; Aufbau von Spannungen und Steigerungen waren kaum erkennbar.
Die eher flächig angelegte, große orchestrale Wirkung ließ kaum Raum für Details. Das Orchester reagierte, abgesehen von kleinen Makeln bei den Violinen, technisch zufriedenstellend; erfahrungsgemäß ist die Philharmonie jedoch zu überzeugenderen Leistungen fähig, vor allem, was die Gestaltung angeht.
Matthias Kirschnereit war des Solist des Klavierkonzertes. Das Werk, das sich einer besonders großen Beliebtheit erfreut, machte es ihm wegen der unmittelbar ansprechenden, bisweilen schwelgerischen Themen leicht, sich geradezu in die Herzen der Zuhörer zu spielen. Er vermochte es scheinbar mühelos, den brillant-funkelnden, üppigen Klaviersatz hinreißend wirkungsvoll zu gestalten.
In den schnellsten Passagen oder in den mächtigen Akkord-Kaskaden war der Ansatz seiner Interpretation stets von innerer Ruhe geprägt. Kirschnereits Intention war auf die übergeordnete Melodie gerichtet, deren Gestaltung er nie aus dem Blick verlor. So entstand unter seinen Händen eine miterlebbare formale Einheit und ausdrucksmäßige Geschlossenheit.
Leider fand Beermann nicht immer die richtige dynamische Gewichtung und rhythmische Präzision mit dem Solisten im ansonsten einfühlsam begleitenden Orchester - vor allem bei den Bläsersolisten. Langer und begeisterter Beifall belohnte diese mitreißende, beeindruckende Interpretation. Mit zwei Zugaben verabschiedete sich Matthias Kirschnereit: mit einem Prelude G-Dur op. 32,5 von Rachmaninow und dem Walzer As-Dur von Brahms.
Die recht zügige Temponahme des ersten Satzes der Siebten Sinfonie von Beethoven ließ nur wenig Raum für die Gestaltung von Details; durch kaum spürbare dynamische Differenzierungen blieben die Steigerungen und Überleitungen fast spannungslos. Die Gestaltung des zweiten Satzes im Blick auf die überzeugende Tempowahl und die große Steigerung war gelungen. Leider wirkte das Scherzo nicht mehr leicht, sondern eher gehetzt. Im Finalsatz beeindruckte das Orchester durch rhythmische Präzision und glänzende Klangentfaltung.

Artikel vom 23.02.2007