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Mieze Kuhlmanns alter Hut

Annette Maria und Marcus Cadura vor dem Haus Rennstraße 50 am Alten Markt. Anfang Juni wollen sie dort ihr Geschäft beziehen.

Haus Rennstraße 50 am Alten Markt »erzählt« ein Stück Geschichte

Von Curd Paetzke (Text und Fotos)
Herford (HK). Jedes Haus hat seine eigene Geschichte - manchmal steckt sie zwischen Dachbalken. Als Annette Maria Cadura bei der Renovierung ihres im Herbst erworbenen Gebäudes Rennstraße 50 am Alten Markt ein altes Postausgangsbuch zwischen den Holzträgern im Boden entdeckte, begab sie sich auf Spurensuche. »Ich bin neugierig geworden auf das, was das 1892 erbaute Haus wohl zu ÝerzählenÜ hat«. Und das ist eine ganze Menge.

Anfang Juni wollen Annette Maria Cadura und Marcus Cadura ihr Optikerfachgeschäft quasi auf die gegenüber liegende Straßenseite verlegen. In dem aus der Neorenaissance-Epoche stammenden Haus mit der noch original erhaltenen Schaufensterfront - nebst verzierten Eisenpfeilern, von Frauenköpfen gekrönten Kapitellen und Putten (Engelsfiguren) - steht einfach mehr Platz zur Verfügung. Das Bauwerk mit der markanten roten Backsteinfassade ist in die Denkmalliste eingetragen, was die im Oktober angelaufenen Renovierungsarbeiten in den Innenräumen allerdings nicht wesentlich beeinträchtigt. »Wir wollen den Charakter des Hauses ja so gut wie möglich erhalten«, schildert die neue Eigentümerin. Neben dem Eingangsbereich werden sogar Lücken mit Mauerwerk aufgefüllt, in denen zuvor zwei Schaukästen das historische Bild ein wenig getrübt hatten. »Die Renovierung ist ein Glücksfall für die Stadt Herford«, freut sich Bettina Lange vom Amt für Denkmalpflege.
Annette Maria Cadura begann ihre Recherchen, bei denen sie vor allem von Kuratorin Sonja Langkafel (Städtisches Museum) unterstützt wurde, als sie auf dem Dachboden ein akribisch geführtes Postausgangsbuch entdeckte, dessen letzter Eintrag aus dem Jahr 1902 stammt. »Vermutlich diente dieser Bereich früher als Mansarde mit einem Arbeitsraum«, vermutet die Herforderin. Die Geschichte des Hauses Rennstraße 50 beginnt nach 1892, als Paul Haase hier ein Geschäft für Tapeten, Borden und Rosetten führt. 1904 kauft Walter Fouquet die Immobilie. Von 1920 bis 1930 betreibt Mieze Kuhlmann ein Putzgeschäft (einen Hut aus der Kuhlmannschen Fertigung findet Annette Maria Cadura im Keller). Dann wechselt die Branche: Radio Remmert zieht ein (1930 bis 1939). Dann folgt ein Geschäft, an das sich viele Herforder noch gut erinnern werden. Friedrich Kortkamps Buchhandlung besteht bis 1995 (Inhaber des Hauses sind Ella und Käte Krumbiegel; ab 1984 Franz Fontes). Zehn Jahre lang geht's daraufhin hochprozentig zu, das Spirituosengeschäft »Schnaps-Idee« schließt aber 2005 seine Pforten. Immer wieder - so 1927, 1942 und 1948 - ist das Gebäude renoviert worden. Doch noch nie so umfangreich wie 2006/2007. Fest steht: Die Geschichte des Hauses geht weiter.

Artikel vom 23.02.2007