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Diese HSG lebt noch

Erleichtert: HSG-Schlussmann René Selke.

Musketiere siegen nach 13 Niederlagen in Folge

Von Elmar Neumann
Augustdorf (WV). »Ausgerechnet jetzt?« Nein, für ein »ausgerechnet« fand HSG-Teamchef Stephan Neitzel nach diesem Spiel keinerlei Verwendung. Für Zynismus sei die Lage viel zu ernst. Aber höchst erstaunlich ist es: Am Donnerstagmorgen beantragte die Spielbetriebs- und Marketing GmbH des Handball-Zweitligisten HSG Augustdorf/Hövelhof die Eröffnung eines Insolvenzverfahrens, am Samstagabend beendete das Schlusslicht eine 13 Spiele dauernde Niederlagenserie mit einem verdienten 28:24 gegen Bernburg.

Nicht Zynismus, sondern Realismus ließ Neitzel nach diesem 21. Spieltag walten: »Die Mannschaft hat den positiven Trend, der in Ahlen über 49 Minuten zu erkennen war, fortgesetzt und ist für ordentliche 60 Minuten belohnt worden. Letztendlich haben wir aber nur drei Spiele gewonnen und stehen auf dem richtigen Platz.«
Am fünften Spieltag gegen den SC Magdeburg II und am siebten Spieltag gegen den Post SV Schwerin - lang lagen die beiden einzigen Erfolgserlebnisse zurück. Erst der finanziellen Bankrotterklärung folgte die sportliche Auferstehung. Da Potsdam ebenfalls zwei Zähler verbuchte, beträgt der Rückstand auf den vorletzten Ligaplatz zwar weiterhin vier Punkte, aber wesentlich wichtiger war für Matchwinner René Selke eine andere Erkenntnis: »In den vergangenen Wochen ist immer erzählt worden, dass wir besser sind als der letzte Platz. Heute haben wir das unter Beweis gestellt. Wir sind kein Top-Team, aber wir gehören auch nicht auf einen Abstiegsplatz. Diese HSG lebt noch«, sagte der überragende Torwart, den die drohende Insolvenz als Festangestellter des TBV Lemgo und Sportstudent nicht so träfe, »wie einige Teamkollegen, die nur auf die Karte Handball setzen«.
Vor 500 treuen Fans in der Witex-Halle - darunter auch Insolvenzverwalter Rechtsanwalt Oliver Schulte - zahlte sich für eine lebendige HSG schnell eine Einstellung aus, die Schlussmann Selke als »Nix-zu-verlieren-Stimmung« beschrieb. Der sechsfache Torschütze Manuel Honerkamp, Dennis Gote, Christaki Kolios (2) und Vladimir Stukalin machten aus dem 6:6 ein 11:6 (19.) und bescherten den Gastgebern damit einen Vorsprung, den sie bis zum Abpfiff nicht mehr aus der Hand gaben. Als sich dem Tabellenzehnten aus Bernburg in Hälfte zwei noch dreimal die Möglichkeit bot, auf drei Treffer zu verkürzen, war Selke dreimal zur Stelle, nur wenig später der dritte Saisonsieg gesichert.
»Ich habe meinen Jungs schon häufig gesagt, dass gewinnen mehr Spaß macht als verlieren. Vielleicht glauben sie mir das ja jetzt«, sagte Trainer Diethard von Boenigk. Die Fans glauben es, bedankten sich für die Vorstellung mit Standing Ovations und nahmen auch mit Beifall zur Kenntnis, was Geschäftsführungsmitglied Hermann Ludewig verkündete: »Im Gegensatz zu Donnerstag haben wir jetzt sehr große Hoffnung, dass die Saison zu Ende gespielt wird und vielleicht sorgt die Außenwirkung solcher Resultate für weitere Überraschungen.«
HSG: Selke, Krüger - Honerkamp (6), Kutlesa (2), Lück, Jäger (3), Holl (2), Dübener, Grunow, Gote (4), Feldmann (2), Kolios (4), Stukalin (5).

Artikel vom 26.02.2007