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Gesamtschule platzt aus allen Nähten

Elsen hat so viele Bewerber wie nie - Schulleiterin muss Absagen Eltern persönlich erklären

Von Manfred Stienecke (Text)
und Wolfram Brucks (Foto)
Paderborn (WV). Die Elsener Gesamtschulleiterin Annegret Greipel-Bickel ist um ihre derzeitige Aufgabe wirklich nicht zu beneiden. In Dutzenden von Einzelgesprächen mit betroffenen Eltern muss sie erläutern, warum sie deren Kinder nicht aufnehmen kann.

Landesweit boomen die Gesamtschulen. Immer mehr Eltern wollen ihre Kinder zu dieser Schulform schicken. Auch Paderborn macht da keine Ausnahme. »Wir haben in diesem Jahr so viele Anmeldungen bekommen wie noch nie«, bestätigt die Leiterin der Gesamtschule in Elsen, die seit der Gründung Anfang der neunziger Jahre immer mit Überkapazitäten zu kämpfen hatte. Das änderte sich auch nicht, seitdem mit der Friedrich-von-Spee-Schule am Kaukenberg in Paderborn eine zweite Einrichtung dieser Schulform angeboten wird. Im Vorjahr mussten in Elsen mehr als 80 Viertklässler abgewiesen werden.
In diesem Jahr werden es noch mehr sein. Genaue Anmeldezahlen möchte Greipel-Bickel nicht nennen. Aber es seien auf jeden Fall mehr Bewerber als vor Jahresfrist. Obwohl die Anmeldungen schon drei Wochen zurückliegen, haben viele Eltern immer noch keine Klarheit, wo ihre Sprösslinge nach den Sommerferien ihre Schullaufbahn fortsetzen werden. Eine schriftliche Aufnahmebestätigung erhalten sie voraussichtlich erst im März. Während es bei den meisten Paderborner Schulen zu keinen Engpässen kommen dürfte, schweben viele Eltern, die ihre Kinder zur Elsener Gesamtschule schicken möchten, zwischen Hoffen und Bangen.
»Sicher können nur die Eltern sein, die von uns bislang keine Ablehnung bekommen haben«, beschreibt Greipel-Bickel das komplizierte Verfahren. Die Erziehungsberechtigten der abgewiesenen Kinder haben vier Wochen lang die Möglichkeit, Einspruch zu erheben. In einem ersten Schritt kommt es zu Gesprächen zwischen ihnen und der Schulleitung. Bestehen die Eltern weiterhin auf der Aufnahme an der Gesamtschule, geht der Widerspruch zur Entscheidung nach Detmold zum Regierungspräsidenten.
Bei der Auswahl der aufgenommenen Schüler - an der sechszügigen Elsener Gesamtschule können pro Jahrgang höchstens 174 Kinder unterrichtet werden - achtet Greipel-Bickel streng auf Proporz bei Geschlecht und Leistung. »Wir nehmen nicht nur die Schüler mit den besten Zeugnissen«, betont sie. »Jeweils zur Hälfte nehmen wir Mädchen und Jungen auf.« Die Kinder würden dann nach Zeugnisnoten in drei Leistungsgruppen eingeteilt, die jeweils gleich stark an der Schule vertreten sein sollen. »Die Grundschul-Empfehlungen sind für uns völlig unerheblich, da wir ja Schüler aller Schulformen aufnehmen können.«
Aufgrund des laufenden Widerspruchsverfahrens an der Gesamtschule Elsen und der notwendigen Ummeldungen an andere Schulen kann die Stadt Paderborn als Schulträger frühestens am Donnerstag der kommenden Woche erste vorläufige Zahlen bekannt geben. »Die Abstimmungsprobleme ziehen sich doch länger hin«, hat Amtsleiter Walter Löhr erfahren müssen. »Es gibt immer noch Wanderbewegungen zwischen einzelnen Schulen. Die müssen wir abwarten.« Erst danach könne der Schulausschuss das Aufnahmeverfahren abschließen. Annegret Greipel-Bickel rechnet damit, dass die endgültigen Zusagen erst kurz vor den am 2. April beginnenden Osterferien heraus geschickt werden können.
Die Stadt wäre aber mit dem Ende des Verfahrens noch nicht aus dem Schneider. »Die Eltern haben bei der Anmeldung ihrer Kinder zwar kein Recht auf die Wahl einer bestimmten Schule, aber ein Recht auf die Schulform«, so die Schulleiterin. »Wenn nur ein abgewiesenes Elternpaar dieses Recht einklagt, dann ist in Paderborn der Teufel los!«

Artikel vom 13.02.2007