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Einzelhandel und Stadt möchten Lidl nicht
verlieren - Standort noch einmal überdenken

Discounter macht aber für den Bereich an der Gartenstraße Bedenken geltend

Von Elke Bösch
Rahden (WB). »Emotionen raus - Sachlichkeit rein.« Das wünschte sich Friedrich-Wilhelm Hohn, der als Vorsitzender der Werbegemeinschaft zu der Entwicklung in der Rahdener Innenstadt im Rat gehört wurde.

Sehr engagiert und emotionsgeladen sei diese Diskussion geführt worden. Dabei sei es auch zu Irritationen gekommen, spielte er auf Vorwürfe des Einzelhandels gegen den Rat an. Bürgermeister Bernd Hachmann sah nach dieser Erklärung die Situationen als bereinigt an und stimmte Hohn zu, dass jetzt nur noch Fakten eine Rolle spielen sollten.
Hohn erinnerte noch einmal darin, dass auch in der Sitzung des Bauausschusses am 25. Januar die Werbegemeinschaft eine Stellungnahme vorgelegt habe, die sich gegen den Lidl-Umzug an die Eisenbahnstraße wandte. Ausdrücklich klar gestellt wurde, dass nur der neue Standort auf Kritik stoße, das sich diese keinesfalls gegen den Lidl selbst richte. Inzwischen hätten sogar die Kaufleute ein Gespräch mit Lidl geführt, um den Discounter vom Standort Gartenstraße zu überzeugen. Allerdings ohne Erfolg. Der Bürgermeister Bernd Hachmann und Bauamtsleiter Dieter Drunagel wiesen darauf hin, dass die Standortsuche für den Lidl bereits 2001 begonnen habe (wir berichten noch).
Den Wunsch der Werbegemeinschaft, den Lidl in der Innenstadt zu halten und »die drohende Gefahr eines Nebenzentrums an der Eisenbahnstraße« abzuwenden, teilte auch mehrheitlich der Rat (wir berichteten gestern). Dem Projekt, das Architekt Werner Fortriede vorgestellt hatte - mit Neubau Penny, Kinderspielwaren, Babyerstausstattung, Bäcker und Fleischer im jetzigen Lidl und einem Drogeriemarkt mit Kaufhauscharakter in einem neuen Komplex unter Einbeziehung von Radio Spitz - standen allen Fraktionen grundsätzlich positiv gegenüber. CDU, FWG und der Grüne stimmten dem Konzept zu, allerdings mit der Einschränkung, dass der Lidl statt Penny dort einziehe. Einem Umzug des Discounters an die Eisenbahnstraße lehnten sie mit 18 Stimmen ab. SPD und FDP enthielten sich. Sie hatten zuvor den Wünschen des Lidl zugestimmt, sein Projekt auch an der Eisenbahnstraße zu realisieren. Mit den Stimmen von CDU, FWG und Grünen beschloss der Rat, dass die baurechtlichen Voraussetzungen im Bereich Gartenstraße/Weher Straße geschaffen werden, die den Lidl seine Erweiterungspläne sowie seine Wünsche für eine Parkplatzgestaltung ermöglichen.
Während der teils kontroversen Diskussionen, die dem Beschluss vorausgingen, hatte Lidl-Vertreter Bodo Konway nicht ausgeschlossen, dass der Lidl Rahden ganz verlassen könnte, wenn der Umzug an die Eisenbahnstraße scheitere. Als Grund nannte Konway auch, dass der Lidl über längere Zeiträume plane. Eine in mehreren Jahren vielleicht erforderliche Erweiterung von nochmals 300 auf 1300 Quadratmeter Fläche sei an der Gartenstraße nicht machbar. Außerdem könnten die Parkplätze nicht so gestaltet werden, wie sie der Kunde heute wünsche und erwarte. Konway und Architekt Werner Fortriede betonten, dass die Vorstellungen des Lidl für einen modernen und wirtschaftlichen Discounter an der Gartenstraße nicht umgesetzt werden können.
CDU-Fraktionschef Hermann Seeker hatte das Abstimmungsverhalten der CDU erläutert. Genauso wie Axel Griepenstroh (FWG) und Winrich Dodenhöft (Grüne) votierte er für die Stärkung der Innenstadt und für die Vermeidung von Nebenzentren an der Peripherie. Die Drei gaben gleichzeitig der Hoffnung Ausdruck, dass der Lidl doch noch eine Zukunft an der Gartenstraße sehe.
Anders beurteilte das Walter Tegeler. Der Liberale teilte die Bedenken der Kaufleute nicht. Ob Lidl oder Penny, beide seien Frequenzbringer. Und wenn weitere Fachmärkte an die Weher Straße zögen, locke das eher mehr Kunden in die Innenstadt. »Wir haben hier nicht nur eine Verpflichtung dem Einzelhandel gegenüber, sondern sind besonders den Bürgern verpflichtet und sollten die nicht nach Espelkamp jagen«, ist Tegelers Meinung. Bedauerlich sei aus seiner Sicht nur, dass an der Weher Straße/Gartenstraße Wohnraum wegfalle. Auch Günter Meyer (SPD) tendierte zu der Auffassung, dass der Lidl auf jeden Fall in Rahden bleiben müsse, wenn erforderlich, dann an der Eisenbahnstraße.
Noch eine Entscheidung traf der Rat. Am Deerberg-Haus können weitere Parkplätze bis zu einer Distanz von fünf Metern zum Kriegerdenkmal entstehen. Voraussetzung sei allerdings, das machte Bürgermeister Bernd Hachmann unmissverständlich klar, dass die Familie Deerberg rechtsverbindliche Verträge mit potenziellen Nutzern vorlegt. Das gleiche erwartet der Rat für die Neugestaltung des Bereiches Gartenstraße/Weher Straße. Bis jetzt liegen nur Absichtserklärungen von künftigen Nutzern vor, wurde in der Sitzung bekannt. Horst-Wilhelm Bruhn (SPD) und Winrich Dodenhöft (Grüne) meldeten Bedenken an, weil bei Deerberg durch die Parkplatzerweiterung Grünfläche zerstört werde und enthielten sich der Stimme. Ihre Bedenken blieben nicht ungeteilt, aber, so betonte zum Beispiel Wolfgang Hesse (CDU): »Wir müssen alles tun, damit ins Deerberg-Haus wieder Leben einzieht.«

Artikel vom 09.02.2007