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Schutz für Fledermaus und Fisch

Wirtschaftlichkeit hat hohen Stellenwert - Klage bis 12. März

Von Bärbel Hillebrenner
Bad Oeynhausen (WB). Fledermäuse bekommen Überflughilfen und für die Steinbeißer wird auch etwas getan. Der Mensch, so haben es viele Zuhörer am Mittwoch empfunden, bleibt auf der Strecke. Sein Schutz wird der Wirtschaftlichkeit geopfert. Die Änderungen im Planfeststellungsbeschluss zur Nordumgehung waren gering. Die Straßenbaubehörde stellte sie Rat und Bürgern vor.

»Skandal!«, Unerhört!«, »Unanständig!« Die Fraktion Grüne/Bürgerforum machte ihrem Ärger lautstark Luft. Zu lapidar sei die Behörde Straßen NRW über die Einwände der Bürger hinweggegangen. 1 400 waren es immerhin. »Ich stelle fest: Sie haben meine Frage nicht beantwortet!«, kritisierte Fraktionsvorsitzender Reiner Barg in Richtung Podium. Barg wollte all die Gründe wissen, warum die Verkehrsprognosen anders ausgefallen sind, die Dehmer Deponie zu wenig berücksichtigt worden ist und warum man über Alternativen zur Nordumgehung nicht mehr diskutieren könne.
Auf dem Podium hatte zuvor Projektleiter Tobias Fischer die Änderungen im Beschluss erläutert (WESTFALEN-BLATT-Ausgabe von gestern). Zu Grunde gelegt worden war unter anderem eine Verkehrsprognose für das Jahr 2020 statt wie bisher 2010. Darin heißt es, dass die B 61 ohne Netzschluss rund 56 700 Fahrzeuge aufnehmen müsste, mit Umgehung wären es 29 150. Auf der A 30 rechnet man nach dem Bau mit einem Verkehrsaufkommen von 38 700. Anschlussstellen wird es nur in Löhne, in Eidinghauen und in Rehme geben. Eine von der Stadt geforderte im Bereich Werste/Bergkirchen wurde abgelehnt. Wegeverlegungen - Stüher Straße, Nordstraße, Auf'm Riegel - hat man in Einzelfällen zugestimmt.
Auch beim Thema Lärmschutz ist die Behörde den gesetzlich geregelten Weg gegangen. »Die Grenzwerte sind festgelegt, wir entscheiden da nicht willkürlich und einen Gestaltungsspielraum gibt es nicht«, entgegnete Ulrich Windhagen, Leiter der Regionalniederlassung OWL des Landesbetriebs Straßenbau. Er bezog sich auf einen Hinweis von Rainer Müller-Held. Dieser erinnerte an den Besuch des Petitionsausschusses, der bemerkt hatte, beim Lärmschutz habe man einen »Gestaltungsspielraum«. Windhagen: »Alles muss finanzierbar sein. Die Wirtschaftlichkeit ist auch mit ein Grund, warum eine Wand nicht höher oder länger gebaut wird.«
Aus diesem Grund wird ebenso die geforderte Tunnelverlängerung in Dehme nicht umgesetzt. Die 50 Meter würden einen Betrag von 1,75 Millionen Euro ausmachen - 35 000 Euro kostet der Meter Verlängerung. Windhagen: »Der dadurch eingesparte Lärmschutz beliefe sich auf 200 000 Euro. Die Beträge stehen in keinem Verhältnis.« Bei 15 Gebäuden würden die Grenzwerte überschritten, dann wird zusätzlich auch passiver Lärmschutz an den Häusern bezahlt. Sind die Bürger damit nicht einverstanden, kann nur der Klageweg beschritten werden.
Die Lärmschutzwände empfindet Reiner Barg sowieso schon als »chinesische Mauer zwischen Ostscheid und Rehme« und entsetzt ist er über die 12 Meter hohe Wand im Einschnitt der Tunnel. Und dabei müssen noch 400 Immobilien einen passiven Lärmschutz bekommen. Barg: »Ganze Straßenzüge müssen damit ausgestattet werden.« Auch hier die Antwort der Behörde: Die Grenzwerte sind im Bundesemissionsschutzgesetz verankert. Will die Stadt selbst mehr - zum Beispiel zur Freizeitanlage in Dehme -, dann müsse sie das selbst bezahlen.
Kleine Änderungen beinhaltet der Beschluss im Bereich Natur- und Landschaftsschutz. Für Fledermäuse entstehen südlich des Wiehengebirges und an der Blutwiese in Löhne Überflughilfen - »sonst droht bei Tiefflug Gefahr für Lkw«, sagte Tobias Fischer. Für Amphibien gibt es Durchlässe. Ein Spritzschutz auf der Werrebrücke soll verhindern, dass das Salzwasser vom gestreuten Asphalt nicht die Naturschutzgebiete verunreinigt.
Apropos Asphalt: Auch eine 12 Meter hohe Wand kann Lärm nicht immer aufhalten. An den Tunnelzugängen kommt deshalb auch OPA zum Einsatz. OPA ist die Abkürzung für »Offenporiger Asphalt«. Er absorbiert in seinen Hohlräumen den Schall von den Lkw-Reifen. Ulrich Windhagen: »Eingespart werden dadurch etwa drei Dezibel.«
Die Mülldeponie in Dehme macht vielen Anwohnern Sorgen. Die Fraktion Grüne/Bürgerforum wollte deshalb wissen, wie die Planer mit ihr umgehen. Tobias Fischer sagte dazu: »Vor Baubeginn wird ein Gutachten erstellt, das mögliche Gasaustritte oder eine Gefährdung des Grundwasser genau analysieren soll. Die Altlasten werden dann fachgerecht entsorgt.«
Bis zum 12. März kann nun gegen den Beschluss Klage beim Bundesverwaltungsgericht in Leipzig eingereicht werden.

Artikel vom 09.02.2007