12.02.2007 Artikelansicht
Ausschnitt Zeitungsausschnitt
Drucken Drucken

 

1:3 - Bundestrainer Pettke
weiß sich noch zu wehren

PSC spielt gegen Koblenz und Wiesental jeweils 2:2

Von Elmar Neumann
Paderborn (WV). Man stelle sich einmal das Folgende vor: Bundestrainer Jogi Löw nähme an den Erstliga-Spieltagen nicht nur oben auf den Tribünen Platz, sondern überprüfe die Form seiner Nationalkicker unten auf dem Rasen. Ein harter Zweikampf mit Schweini, ein Tunnel für Poldi, ein Treffer gegen Hildebrandt. Gibt's nicht? Im Fußball nicht, im Squash ist es seit dem 1. Januar der Alltag.

Seit Jahresbeginn nämlich ist Oliver Pettke nicht nur der neue Squash-Bundestrainer, sondern weiterhin auch Bundesliga-Spieler. Am Freitag war der 31-Jährige erstmals in dieser Doppelfunktion mit dem Schängel SC Koblenz im Paderborner Ahorn-Sportpark zu Gast. Der erste Paderborner Proband hatte es gleich in sich. An Position drei traf Pettke auf Deutschlands Nummer eins, seinen Nationalspieler Simon Rösner.
In der Hinrunde hatte dieses Duell noch nicht unter so reizvollen Vorzeichen gestanden. Damals setzte sich der Deutsche Einzelmeister erwartungsgemäß problemlos mit dreimal 11:7 durch. Entsprechend selbstbewusst ging Rösner in den ersten Vergleich mit dem Bundestrainer Pettke: »Ich gehe davon aus, dass ich in der wesentlich besseren körperlichen Verfassung bin. Dass Oliver jetzt mein Nationaltrainer ist, dürfte keine Rolle spielen. Er ist ein Gegner wie jeder andere. Unter normalen Umständen sollte ich mit 3:0 gewinnen.« Die ganz glatte Nummer wurde es zwar nicht, eine Lehrstunde blieb dem ein Dutzend Jahre älteren Bundestrainer erspart, doch letztlich setzte sich die aktuelle Nummer 65 gegen die ehemalige Nummer 63 der Welt 3:1 (11:6, 7:11, 11:7, 11:5) durch. Vor Rösner hatte Lars Osthoff trotz erheblichen Widerstands gegen Top-Talent Tim Weber verloren (10:11, 10:11, 9:11). Nach Rösner unterlag Tim Garner dem Koblenzer Joe Kneipp mit 0:3, ehe Stefan Leifels mit einem 11:6, 11:8, 11:7 gegen Hansi Seestaller am Ende eines hochklassigen Squash-Abends das Remis sicherte.
Dem späteren Spielausgang vorgreifend, herrschte rund um den ausverkauften Center Court im Ahorn-Squash ohnehin von der ersten bis zur vierten Partie ausgeglichene Stimmung. Schließlich sind der PSC (15:5 Punkte) und Koblenz (16:4) bereits zum Rückrundenauftakt aus dem Gröbsten raus. Will heißen: Die Endrunden-Teilnahme dieser beiden Kontrahenten wie die des Titelverteidigers Stuttgart (15:5) und des Black & White RV Worms (16:4) ist kaum mehr zu verhindern.
Längst hat sich die Spreu vom Weizen getrennt, was auch am Sonntag in Wiesental deutlich wurde. Der gastgebende SRC zählt zur Spreu, kam auch gegen mit zweifachem Ersatz (Lennart Osthoff und Friedrich Scheel) erschienene Paderborner nur zu einem glücklichen 2:2, weil Lars Osthoff nach 2:0-Satzführung noch im Tie-Break des fünften Durchgangs unterlag. Insbesondere Simon Rösner allerdings kommen solche Trainingseinheiten unter Wettkampfbedingungen nur recht, hat das nach Experten-Meinungen größte deutsche Squash-Talent aller Zeiten in dieser Saison doch noch viel vor. In Deutschland die Nummer eins bleiben, in der Weltrangliste die Top 50 erreichen, mit dem PSC Meister werden und bestenfalls auch den kontinentalen Vereins-Thron erklimmen - das klingt nicht nur ehrgeizig.
Der hoch veranlagte Teenager hat Großes vor, spielt aber auch in den Planungen des Bundestrainers eine Riesen-Rolle. Schließlich hat das Jahr 2007 mit den Europameisterschaften in Italien (Mai) und den Weltmeisterschaften in Indien (Dezember) auch für die deutsche Herren-Nationalmannschaft zwei große Herausforderungen parat. Kurzfristig will Pettke mit den Mannen um die PSC-Asse Rösner und Leifels in die Top 6 (EM) und die Top 10 (WM). Langfristig - der Vertrag gilt für zwei Jahre (plus Option auf ein weiteres) - will er Schwarz-Rot-Gold in Europa zu einem Medaillen-Kandidaten machen. Die Chancen standen wahrscheinlich selten besser als in diesen Tagen. »Mit Simon, dem Stuttgarter Patrick Gässler, dem Wormser Sven Schoor oder Bremens Heiko Schwarzer verfügen wir über eine Hand voll ganz junger Spieler mit riesigem Potenzial. Das gilt es in den kommenden Jahren auszuschöpfen«, sagt Oliver Pettke und stellt diese anspruchsvolle Aufgabe vor allem sich selbst.
In den vergangenen vier Jahren lag seine Hauptaufgabe darin, die Geschäfte der sportlichen Multifunktionsanlage in Mülheim zu führen, wo mehrfach die DM-Endrunde stattfand. Die wird Pettke in diesem Jahr auch mit dem Schängel SC erreichen, sein Titelfavorit ist aber ein anderer: »Wer Meister werden will, muss Paderborn schlagen. Nirgendwo wird professioneller gearbeitet als hier.« Worte, die aus dem Mund des Fußball-Bundestrainers niemals zu hören sein werden . . .

Artikel vom 12.02.2007