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Runter von der schiefen Bahn

Jugendgerichtshilfe: Wie Otto Nolte (60) junge Straftäter unterstützt

Von Carsten Reinhardt
Warburg (WB). Wer als junger Mensch im Warburger Land Bekanntschaft mit Otto Nolte macht, der hat in der Regel etwas »ausgefressen«. Bevor womöglich sogar der Gang zum Strafrichter ansteht, lernt dieser Heranwachsende Otto Nolte kennen - einen Mann, der seit 32 Jahren schon dafür sorgt, dass jugendliche Straftäter auf den rechten Weg zurückfinden können. »In den meisten Fällen gelingt das«, weiß der erfahrene Diplom-Sozialarbeiter, »aber leider gelingt es nicht immer«.

Die meisten Jugendlichen würden sich irgendwann einsichtig zeigen, viele von ihnen nachträglich sogar dankbar für die Hilfestellung sein, hat Nolte (60) immer wieder erfahren, »doch es gibt natürlich auch Fälle, dass jemand abgleitet und ich sehe, dies ist nicht mehr aufzuhalten«.
Mit durchschnittlich 380 Straftaten von 14- bis 21-jährigen Heranwachsenden hat Nolte es Jahr für Jahr zu tun. Er tritt als Berichterstatter im Gericht auf, er steht als unabhängige Fachkraft in ständigem Kontakt zur Polizei und zu Beratungsstellen. Vor allem aber sucht der Mitarbeier des Kreis-Jugendamts im Miteinander mit seinen jungen Klienten nach Strategien, wie diese aus ihrer kritischen Situation herauskommen können - vor, während und nach einer Gerichtsverhandlung.
»Das fängt mit dem ersten Hausbesuch an, der für viele sicher unangenehm ist«, erklärt Nolte, der aus Nörde stammt und in Diemelstadt lebt. »Ich trete offen und berechenbar auf, auch wenn es um unliebsame Dinge geht, doch genau das erwarte ich auch von meinem Gegenüber«, schildert er solche Situationen. Eine klare Ansprache sei da wichtig, ebenso eine schonungslose Darstellung der Lage, in der sich der Jugendliche befindet. »Wenn ich deren Sprache spreche, kommt das auch rüber«, sagt Nolte. Auf dieser Grundlage ließe sich vieles in die Wege leiten, und dafür steht Nolte dann ebenfalls bereit - für gemeinsame Behördengänge etwa oder für den ersten, oft nicht einfachen Besuch in einer Beratungstelle.
»Ich möchte im Interesse dieser Jugendlichen wirken, ihnen Hilfen geben und Chancen eröffnen«, beschreibt Nolte sein Berufsverständnis. Das sei im Lauf der Jahre nicht einfacher geworden, da viele Jugendliche weder ihre Freizeit sinnvoll gestalten noch ihre Konflikte bewältigen könnten, meint Nolte: »Diese jungen Menschen haben ein geringes Selbstwertgefühl, sie suchen Anerkennung durch Straftaten oder Zuflucht im Drogenkonsum.« Materielle und emotionale Unterversorgung produziere zwangsläufig problembeladene Jugendliche, und denen fehle es oft an Stabiliät und an einem helfenden Umfeld, beschreibt der 60-Jährige die Ursachen für das Fehlverhalten.
Zwei Entwicklungen sind ihm dabei in Warburg während der letzten fünf bis zehn Jahre besonders aufgefallen. »Die Brutalität hat bei vielen Straftaten deutlich zugenommen, insbesondere wenn Alkohol im Spiel ist«, lautet die eine Erkenntnis. Die andere: Nach Einschätztung Noltes sind sehr viel leichte Drogen im Umlauf, aber bei den Delikten wesentlich weniger Auffälligkeiten als in früheren Jahren zu verzeichnen. »Paderborn und Kassel strahlen nicht mehr so stark auf Warburg ab wie früher«, glaubt der Jugendamts-Mitarbeiter. Gleichwohl bildeten Drogen ein ernsthaftes Problem, das sich durch alle jugendlichen Bevölkerungsschichten ziehe.
Immer wieder gebe es wechselnde Brennpunkte, die Schulen gehörten aber nicht dazu, so Nolte. »Hier wird sehr gute Präventionsarbeit etwa durch den Bezirksbeamten Rudi Menne geleistet«, lautet seine Einschätzung. Auch andere Formen der Vorbeugung sieht Nolte als sehr wichtig und sinnvoll an, so beispielsweise die Anti-Drogen-Angebote des Jugendzentrums Mönchehof (»KoT«) oder die Sicherheitspartnerschaften, wie sie etwa zwischen der Polizei und dem Jugenddorf Petrus Damian bestehen.
Der persönliche Kontakt sei entscheidend und der Wille zur Kooperation, dann könne er einem jungen Menschen wirksam aus der Patsche helfen, sagt Nolte. Manch ein Kontakt bleibt dabei lange erhalten. Unlängst besuchte ihn ein Mittvierziger, einst ein Klient des Jugendgerichtshelfers, der nun den Rat in einer privaten Angelegenheit suchte. Nolte lächelt: »Den habe ich ihm gern gegeben.«

Artikel vom 03.02.2007