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Nach dem Orkan
eine Million Euro
Schaden in Pium

Warnung vor dubiosen Dachdeckern

Von Stefan Küppers
Borgholzhausen (WB). Der Schaden durch den Orkan »Kyrill« ist in Borgholzhausen weit höher, als bislang geschätzt wurde. Allein die Provinzial-Versicherung registriert in Pium 260 Einzelschäden mit einem Volumen von 750 000 bis eine Million Euro.

Diese Zahlen errechnete gestern Wilhelm-Karl Naseband, Leiter des Provinzial-Versicherungsbüros in Borgholzhausen, auf Anfrage des WESTFALEN-BLATTes. Allein die Schäden auf und um Haus Brincke in Barnhausen, die alle bei der Provinzial versichert sind, schätzt Naseband auf 300- bis 400 000 Euro. Die Zerstörungen in dem Fachwerkhaus, die Bewohnerin Monika Böhne mit viel Glück unverletzt überstand, werden nach Einschätzung des Versicherungsexperten womöglich als Totalschaden abgerechnet werden müssen. Derzeit ist noch ein Sachverständiger am Werk, wie bei allen größeren Schäden.
»Was wir mit dem Orkan Kyrill in Borgholzhausen erlebt haben, war nah an einer wirklich großen Katastrophe«, urteilt Wilhelm-Karl Naseband und verweist auf alleine sechs Einzelschäden deutlich über 10 000 Euro nur bei der Provinzial. Hinzu kämen mindestens 100 Einzelschäden über 3000 Euro. Um angesichts der Vielzahl von Sturmschäden möglichst unbürkratisch helfen zu können, hat die Provinzial-Versicherung die Regulierungsvollmacht für die Vertreter vor Ort angehoben. Gleichwohl herrscht »Stress bis zum Anschlag«, wie es Wilhelm-Karl Naseband ausdrückt. In den ersten Tagen waren die Telefone überlastet. Und Nasebands Mitarbeiterinnen Regina Rüter und Ingrid Sauer waren extrem gefordert. Auch zwei Wochen nach dem Sturm reicht ein normaler Acht-Stunden-Tag zur Bewältigung der Schadensregulierungen und des normalen Tagesgeschäftes nicht.
Die Regulierung der Großschäden werde womöglich noch bis in den Sommer andauern, schätzt Naseband. Die kleineren Schäden würden in den nächsten Wochen reguliert, bittet der Provinzial-Mann insgesamt auch um Geduld und Verständnis der Kunden.
Besonders schlimm findet es Naseband, wie manche Zeitgenossen versuchen, die Not und Unsicherheit von Menschen nach der Katastrophe auszunutzen. Eine über 80-jährige Provinzial-Kundin aus Borgholzhausen geriet jetzt an einen höchst dubiosen Dachdecker. Der meldete sich, so schilderte es Naseband, bei der alten Dame und drängte sich geradezu auf. Weil sie einen örtlichen Dachdecker nicht so schnell bekam, ließ sich die Rentnerin auf den bedrängenden Dachdecker ein, musste zunächst 900 Euro Vorauszahlung leisten. Am Ende wurde ihr für das Aufdecken von 25 Metern Firstziegeln sowie das Ersetzen einiger anderer Dachpfannen - sogar noch aus eigenem Bestand Ñ eine Rechnung von 3485 Euro von dem reisenden Dachdecker präsentiert. Bei der Bezahlung soll der Mann bei der alten Dame auch noch massiv Druck gemacht haben.
Als Arbeitslohn waren 48 Euro pro Stunde plus Mehrwertsteuer berechnet worden. Nachfragen Nasebands bei seriösen örtlichen Dachdeckern ergab: Die Rechnung war mindestens 30 Prozent zu hoch ausgefallen. Ein Gespräch Nasebands mit dem Dachdecker endete zudem mit Gewaltandrohungen des teuren Handwerkers. Massives Auftreten gegenüber schwächeren Menschen kennt der Versicherungskaufmann auch von anderen Fällen. Naseband empfiehlt, sich bei Zweifeln mit örtlichen und bekannten Dachdeckern in Verbindung zu setzen. Der Schaden der alten Dame wurde übrigens trotz überhöhter Rechnung von der Versicherung kulant reguliert.

Artikel vom 02.02.2007