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Peter A. tötet
von der Liebe
tief zermürbt

Totschlag: Neuneinhalb Jahre Haft

Von Kai Hasenbein
Wewelsburg (WV). Am Schluss blieb nur der Tod als Lösung übrig: Wegen Totschlags an seiner Ehefrau wurde Peter A. aus Wewelsburg gestern vor dem Landgericht Paderborn zu neun Jahren und sechs Monaten Haft verurteilt. Vom ursprünglichen Vorwurf des Mordes rückte Staatsanwalt Ralf Vetter in seinem Plädoyer ab.

Das Ehedrama ereignet sich im Sommer 2006 in Wewelsburg: Seit einiger Zeit kriselt die Ehe des Kochs und der Polizistin Susanne A., die ihrerseits ein Verhältnis mit einem Kollegen beginnt, immer mehr Abstand von ihrem Ehemann beansprucht und ihm Anfang Mai 2006 nach monatelanger belastender Ehekrise ihren Wunsch nach Trennung eröffnet. Es folgt ein erster Suizidversuch, nach dem sich Peter A. in die Hände der Psychiatrie begibt. Im Rahmen eines Vier-Augen-Gespräches am 16. Juli, in dem die Trennung besprochen werden soll, kommt es schließlich zur handfesten Auseinandersetzung, in deren Verlauf Peter A. seine Ehefrau erwürgt. Ein erneuter Selbstmordversuch scheitert: Peter A. stellt sich der Polizei und gesteht.
Gestern versuchte das Schwurgericht unter dem Vorsitz von Bernd Emminghaus am letzten Verhandlungstag, die Beziehung der Ehepartner untereinander, aber auch das Innenleben des Angeklagten zu ergründen: »Meine Susi und unser Häuschen« - das waren nach Aussagen seiner Mutter die unumstößlichen Lebensinhalte des Sohnes. Die Ehe galt als vorbildlich; kaum jemand erkannte die ernste Gefahr, auf die die Partnerschaft zusteuerte.
Und eben diese Krise wurde zur tödlichen Katastrophe. Nach und nach lösten die zermürbenden Eheprobleme in Peter A. eine krankhafte seelische Störung aus: Als Gutachterin stellte Dr. Nahlah Saimeh (Ärztliche Direktorin in der Forensik Lippstadt-Eickelborn) fest, dass der narzisstisch veranlagte Angeklagte seine Ehefrau für sein »hohes moralisches Wertekonstrukt und Eheverständnis« vereinnahmt hatte und sich ohne den Partner »als nicht lebensfähig« empfand. So etwas könne dann im Phänomen des »Mitnahme-Suizids« münden, durch den der Partner gewissermaßen in eine bessere Welt mitgenommen wird. »Ein Mensch ist wegen des Egoismus' eines anderen Menschen gestorben«, so die Vertreterin der Nebenklage, Anja Brauckmann, in ihrem Plädoyer.
Das umfassende Gutachten Dr. Saimehs bildete für die Staatsanwaltschaft auch die Grundlage, die Mordanklage aufzugeben und statt dessen auf eine zehnjährige Haftstrafe wegen Totschlags zu plädieren, bei dem eine verminderte Schuldfähigkeit nicht ausgeschlossen werden könne. Selbst Tagebucheinträge des Angeklagten, in denen auf ein mögliches Töten der Ehefrau angespielt wurde (»Ich werde als Mörder von dieser Welt gehen«), seien im Kontext der krankhaften psychischen Situation zu sehen, hieß es in der Urteilsbegründung.
Obwohl Peter A. unmittelbar nach der Tat umfassend gestand und somit die Aufklärung erheblich erleichterte, blieben nach Abschluss der Beweisaufnahme einige Fragen offen, insbesondere zum Aufenthalt des Angeklagten im Westfälischen Zentrum für Psychiatrie und Psychotherapie in Paderborn, in das er sich nach seinem ersten Suizidversuch freiwillig begeben hatte: So blieb ungeklärt, wie dem Angeklagten ein Vier-Augen-Gespräch mit seiner Ehefrau überhaupt gestattet werden konnte - vor allem, weil der damals behandelnde Arzt Dr. Sch. vor Gericht aussagte, dass der Therapieverlauf sehr unbefriedigend gewesen sei, da der Angeklagte an der Illusion einer glücklichen Ehe festgehalten habe. Verteidiger Walter Schäfers sprach hierbei sogar von einem »Versagen der medizinischen Betreuung«.

Artikel vom 31.01.2007