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»Wir werden keine Schule zwingen«

WESTFALEN-BLATT-Exklusiv-Interview mit NRW-Schulministerin Barbara Sommer (CDU)

Altkreis Halle (WB). Bislang hat eine Realschule in Hilden von der neuen Klausel des Schulgesetzes Gebrauch gemacht, nun erstmals eine Grundschule. Ein Uniform-Projekt an der Realschule in Herkenrath bei Köln ist gescheitert, weil es die Persönlichkeitsrechte der Schüler verletzte. Über Chancen und Risiken sprach WESTFALEN-BLATT-Redakteur André Best mit NRW-Schulministerin Barbara Sommer.

Sie sind für einheitliche Kleidung an Schulen, warum?
Barbara Sommer: Erstens: Das »Wir-Gefühl« wird gestärkt. Es ist schön, wenn Kinder sagen können: Wir gehören zusammen und zeigen es auch nach außen. Eine starke Klassengemeinschaft ist wichtig. Zweitens: Nicht alle können sich teure Markenkleidung leisten. Damit wird die Kleidung zu einer Nebensache.

Kritiker befürchten, die Kinder könnten Ihre Persönlichkeit in einheitlicher Kleidung nicht richtig ausleben. Barbara Sommer: Wir wollen keine Uniformen, sondern schicke, moderne Kleidung in verschiedenen Farben. Die Mädchen können zum Beispiel wählen, ob sie einen Rock tragen wollen oder eine Hose. Es gibt noch genügend Freiheiten. Es werden nicht alle Schüler haargenau gleich aussehen.

Wann werden die Schulen in NRW mehrheitlich Einheitskleidung tragen?Barbara Sommer: Das ist schwer zu sagen. Es wird Vorreiterschulen geben, wie die in Kamp-Lintfort. Mein Vorschlag: Eltern, Lehrer und Schüler sollten dieses Thema einmal gemeinsam diskutieren. Wir werden keine Schule zwingen. Aber auch auf freiwilliger Basis ist vieles möglich. Und wenn eine Schule solch ein Projekt startet, heißt das noch lange nicht, dass beispielsweise alle 250 Schüler einheitlich gekleidet sein müssen. Wer nicht will, darf nicht gezwungen werden, obwohl der Schulterschluss natürlich besser ist.

Wie stellen Sie sich die Finanzierung und allgemeine Umsetzung vor?Barbara Sommer: Bereits nach den Osterferien starten wir ein neues Projekt, bei dem Berufsschüler aus den Bereichen Mode, Nähen und Schneidern Entwürfe für eine mögliche Kleidung an Schulen erstellen. Kleidung von Schülern für Schüler also. Zur Finanzierung: Es wäre schön, wenn die Schulen und Eltern heimische Sponsoren ins Boot holen könnten. Das könnte ich mir in Halle und im ganzen Kreis Gütersloh natürlich sehr gut vorstellen. Es wäre schön, wenn das gelingen würde. Aber hier gibt es noch viele ungelegte Eier.

Bietet sich die einheitliche Schulkleidung nur für weiterführende Schulen oder auch für Grundschulen an?Barbara Sommer: Ich denke in erster Linie an die weiterführenden Schulen, im nächsten Schritt könnten die Grundschulen folgen.

Würden Sie selbst ihre Tochter in einheitlicher Kleidung zur Schule schicken?Barbara Sommer: Ja, wenn es keine Uniform wäre, wie es sie in England gibt. Vieles steht und fällt mit der Kleidung. Es müssen schöne Sachen sein, in guter Qualität. Die Kinder sollen sich ja wohlfühlen. Und die Kleidung soll ihnen gefallen. Sie sollen sie selbst mit aussuchen. Wenn das alles gewährleistet ist, dann werden Schüler, Eltern und Lehrer davon profitieren - und, auf Ihre Frage bezogen, dann würde meine Tochter gerne darin zur Schule gehen.

Artikel vom 31.01.2007