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Ein bisschen Wahnsinn im Blick

Eggemuseum: Publikum amüsiert sich über Rainald Grebes Hirnakrobatik

Von Ulrike Florschütz
(Text und Foto)
Altenbeken (WV). Fünf Tage nach seinem Auftritt im ZDF brachte Rainald Grebe die Zuschauer im völlig ausverkauften Eggemuseum zum Lachen. »Das Robinson-Crusoe-Konzert« heißt sein zweites Soloprogramm.

Und wenn er behauptet, es wäre durch das Aufschreiben von Hauptsätzen auf Papierschnipsel entstanden, ist man durchaus geneigt, das zu glauben. Denn der ideale Rainald-Grebe-Zuschauer muss die Gesetze der Logik für ganze drei Stunden außer Acht lassen können. Gleichzeitig braucht er ein gewisses Maß an Hemmungslosigkeit. Nur so ist er in der Lage, sich auf die wirr springenden Assoziationen des Künstlers einzulassen. Gegen Sätze wie »Bei Stromausfall ist die Gelegenheit günstig, mit Ihrem Fön zu baden« kann man sich sowieso nicht wehren.
Das sah auch das Altenbekener Publikum am Sonntagabend schnell ein. Und so wurde fleißig geklatscht, wenn der 35-jährige Comedian aus Köln Robinson Crusoe mimte und einem fiktiven »Freitag« die Leviten wegen fehlender Eigeninitiative las. Manchmal musste auch Licht- und Tontechniker Jäger die Rolle des »Freitag« übernehmen. Der ließ sich aber nicht aus der Ruhe bringen und stellte den weit aufgerissenen Grebe-Augen, in denen manchmal eine Spur Wahnsinn glitzerte, das jeweils gewünschte Licht professionell zur Verfügung.
Wenn Liedermacher Grebe singt und sich dabei am Klavier begleitet, hat er es nicht unbedingt auf die Gunst des Musikliebhabers abgesehen, sondern eher auf das Zwerchfell des Vergnügungswilligen. Völlige Banalitäten stehen neben echten Menschenschicksalen, und das Lied vom »Hotel Mama« trägt er so inbrünstig vor, dass er vor den Augen des Publikums geradezu zum Kleinkind mutiert.
Seine immense Vorstellungskraft stellt Grebe auch bei einem Diavortrag mit dem Titel »Verwahrlosung in der Südsee« unter Beweis. Täuschend echt beschreibt er Bildeinzelheiten auf einer völlig leeren Leinwand. Etwas durcheinander gerät er dann doch, als eine Zuschauerin - auch in der Eggegemeinde ist man nicht völlig phantasielos - gerne noch nähere Angaben zu einem bestimmten Dia-Detail hätte.
Eine Menge Applaus, ein paar Gläser Rotwein und eine einzelne Dame aus dem mecklenburgischen Torgelow veranlassten den vielseitigen Künstler, der im vergangenen Jahr mit dem deutschen Kleinkunstpreis ausgezeichnet wurde, seinen Zugabenteil auf eine ganze Stunde auszudehnen. Endlich erfuhr man ganz unverzichtbare Dinge, manchmal sogar in gepresster Reimform: »Wenn Ägypten nicht wär', läg' Kenia direkt am Mittelmeer«.
Allein die Frage, wo bei einem Umzug von Torgelow nach Altenbeken der Gewinn liegt, blieb unbeantwortet. Rainald Grebe wusste es auch nicht.

Artikel vom 31.01.2007