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Millimeter für Millimeter
ein Stück Geschichte weg

Nagekäfer frisst sich durch die historische Sammlung

Herford (ram). Sein Name ist ein Zungenbrecher: »Xestobium rufovillosum«. Der drei bis vier Millimeter lange Holzwurm frisst sich seit Jahren durch die stadtgeschichtliche Sammlung. Sein Hunger nach historischen Holzbalken, Stühlen, Schränken und Tischen war so groß, dass viele Exponate mittlerweile in einem jämmerlichen Zustand sind. »Es ist fünf vor zwölf«, warnt deshalb Joachim Wießner, Sachverständiger für Holzschutz.

Der Experte aus Oldenburg hatte gestern mit den Mitgliedern des Kulturbeirats die Depots der stadtgeschichtlichen Sammlung besichtigt. An drei Standorten in der Stadt sind Herfords historischen Schätze gelagert. Noch. Denn bis zum Sommer soll die stadtgeschichtliche Sammlung unter einem Dach zusammengetragen werden. Die Stadt Herford hat für die kommenden zehn Jahre Räume im ehemaligen Telekom-Gebäude an der Straße Auf der Freiheit 1 bis 3 gemietet. Für die Fläche von etwa 1100 Quadratmeter erhält die Telekom 46 540 Euro pro Jahr. Außerdem muss die Stadt noch erhebliche Umbaumaßnahmen vornehmen, so dass noch einmal 600 000 Euro hinzukommen. Bei einer Abschreibung auf zehn Jahre bedeutet dies, dass das Stadtsäckel bis 2017 mit etwa 132 000 Euro jährlich belastet wird. Es sei denn, der Landschaftsverband Westfalen-Lippe fördert die Umbaumaßnahmen. »Gehen wir von einer 30-prozentigen Förderung aus, dann würde sich der Landschaftsverband mit 182 000 Euro am Umbau beteiligen. Dann müsste die Stadt jährlich noch etwa 106 000 Euro bezahlen«, teilte der Geschäftsführer der Kultur gGmbH, Ernst Meihöfer, gestern mit. Bislang zahlte die Stadt für die Aufbewahrung der Sammlung an den drei Standorten eine Jahresbruttomiete in Höhe von 52 250 Euro.
Von einem ursprünglich angedachten Depot-Neubau, in dem sowohl die Kunstschätze aus der Sammlung des MARTa-Museums als auch die Exponate der stadtgeschichtlichen Sammlung gelagert werden sollten, habe die Stadt aus wirtschaftlichen Gründen Abstand genommen. Für eine derartige Halle wären Baukosten in Höhe von sechs Millionen Euro entstanden, sagte Meihöfer. Für die MARTa-Sammlung, die zum Teil in einem Lager in Berlin und zum Teil im MARTa-Keller untergebracht ist, entstehen jährlich Mietkosten von 26 000 Euro. Hinzu gerechnet werden müssten Kosten für Transport und Versicherung in Höhe von 70 000 Euro. Dies sei abhängig von der Inanspruchnahme der Sammlung, sagte Meihöfer.
Den unerwünschten »Untermietern« in den Exponaten der stadtgeschichtlichen Sammlung geht es in den kommenden Wochen an den Kragen. Mit heißem Wasserdampf sollen die Schädlinge beseitigt werden. In den trockenen Räumen der Telekom sollen sie dann keine Gelegenheit mehr haben, sich auszubreiten.

Artikel vom 30.01.2007