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Betriebsrat und Firma streiten um 35 Euro

Anwalt spendiert Summe - Vergleich erreicht

Von Hubertus Hartmann
Paderborn (WV). Arbeitsgerichtsdirektor Holger Kuhlmey konnte sich ein Schmunzeln nicht verkneifen, vielleicht war es auch eher ein spöttisches Lächeln. »Das wird wahrscheinlich die schwerste Entscheidung meiner richterlichen Laufbahn«, seufzte der erfahrene Jurist mit unverhohlener Ironie.

Tatsächlich entbehrt der Fall - das Gericht bezifferte den Streitwert auf 100 Euro - nicht einer gewissen Komik. Da hatte der Betriebsrat eines Paderborner Unternehmens den Arbeitgeber verklagt, weil dieser es ablehnte, dem neunköpfigen Gremium insgesamt sieben zusätzliche Schlüssel auszuhändigen - einen für das Betriebsratsbüro, sechs für einen abschließbaren Schrank im Büro der Firma.
Jede der streitenden Parteien beauftragte einen Anwalt. Umfangreiche Schriftsätze wurden gewechselt, Klage und Klageerwiderung formuliert. Ein Vorsitzender und zwei ehrenamtliche Richter »brüteten« über Gesetzen, Paragraphen und Ausführungsbestimmungen. Und das alles für sieben Schlüssel zum Preis von insgesamt 35 Euro.
Der juristische Beistand des Arbeitgebers schien auch im Prozess nicht bereit, von seiner ablehnenden Position auch nur einen Millimeter abzuweichen. Der Anwalt der Mitarbeitervertretung löste das vertrackte Rechtsproblem schließlich pragmatisch. Er werde auf einen Teil seines Honorars verzichten und die Anfertigung der Schlüssel davon bezahlen, ebnete der Arbeitnehmer-Anwalt den nicht alltäglichen Weg für einen Vergleich.
Und tatsächlich - sein Kollege auf der Gegenseite ging (mit hochrotem Kopf) auf das Angebot ein. Er genehmigte dem Betriebsrat die beantragten Schlüssel, wenn der Arbeitgeber sie nicht bezahlen muss. Möglicherweise hätten die Kosten das Unternehmen ja an den Rand der Insolvenz getrieben. Der Jahresumsatz der Firma beläuft sich übrigens auf 250 Millionen Euro.

Artikel vom 13.02.2007