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Ohnmächtiger
noch geohrfeigt

Hohe Strafen für zwei Fußballrüpel

Kreis Gütersloh (hn). Am Anfang stand ein Elfmeterpfiff in einem ganz normalen Kreisliga-B-Spiel, am Ende eine zweijährige Sperre für die Kicker Mesud Akpinar und Fikri Coban von VV Aramäer Rheda-Wiedenbrück. Die Spruchkammer unter Vorsitz von Hans Strathoff verhängte nach rund zweistündiger Verhandlung wegen Tätlichkeiten gegen den Schiedsrichter Hermann-Josef Dammann drastische Sperrzeiten.

Das Spiel selbst, das am 10. Dezember in der 87. Minute beim Stand von 2:1 für den VfL Rheda gegen die Aramäer vorzeitig zu Ende ging, wird mit drei Punkten für den VfL gewertet. Dieser Sichtweise des vierköpfigen Richtergremiums Êschlossen sich beide Seiten ohne Diskussion an.
Umso mehr Verhandlungsbedarf hatte das Richterquartett Strathoff, Ralf Weber (SV Avenwedde), Bernhard Uphues (Victoria Clarholz) und Karl-Heinz Verhoff (TuS Westfalia Neuenkirchen) die schwerwiegenden Vorwürfe gegen die beiden Spieler. Torwart Akpinar war nach dem Strafstoßpfiff auf den Unparteiischen zugelaufen und hatte ihn angeschrieen (»Schiri, was pfeifst Du für eine Sch...«), worauf Dammann ihm die Rote Karte zeigte. Als er den Karton gerade wieder verstauen wollte, versetzte ihm der Keeper nach Dammanns Aussage einen plötzlichen Stoß mit beiden Händen gegen den Unterkiefer, worauf der unvorbereitete Dammann zu Boden ging und für mehrere Minuten das Bewusstsein verlor.
Eine leichte Gehirnerschütterung, eine zerbrochene Zahnkrone sowie eine in Mitleidenschaft gezogene Zahnbrücke waren die Folgen, die dem Referee eine einwöchige Arbeitspause sowie eine Zahnbehandlung mit rund 1800 Euro Kostenselbstbeteiligung einbrockten. Bei dieser klaren Tätlichkeit sah sich die Spruchkammer gezwungen, ein Urteil deutlich über der Mindeststrafe von einem Jahr zu fällen. Daran änderten auch die Einlassungen der Aramäer nichts, wonach sich der Schiedsrichter theatralisch habe fallen lassen. Strathoff zählte den Zeugen sogar mehrfach auf seiner Uhr die Sekunden vor, um den unmittelbaren Zusammenhang zwischen Stoß und Fall zu verdeutlichen.
Diffuser gestaltete sich die Bewertung des Verhaltens von Fikri Coban, der während der Partie nach zwei Abseitsreklamationen erst »gelb«und dann »gelb-rot« gesehen hatte. Der gesellte sich zu der Spielertraube, die sich um den regungslos am Boden liegenden Schiedsrichter gebildet hatte. Während der als Zeuge geladene Co-Trainer Büyükdag zunächst untaugliche Wiederbelebungsversuche mit Wasserspritzern aus seiner Trinkflasche unternahm, ging Coban nach übereinstimmenden Aussagen von drei gehörten VfL-Spielern rabiater zu Werke. Seine »Aufweckungsversuche« mit einigen Backpfeifen und das ebenfalls von mehreren Zeugen bestätigte Spucken in Richtung des am Boden liegenden Mannes bewertete die Spruchkammer ebenfalls schwerwiegend. »Ob er ihn trifft oder nicht, ist völlig unerheblich, das Spucken als solches ist ein Vergehen, das geahndet werden muss«, betonte Hans Voss.
Strathoff, der mit viel Fingerspitzengefühl die mitunter turbulente Verhandlung führte (»Bei anderen Vereinen hätte es längst ein Ordnungsgeld gegeben«) bedauerte, dass von Seiten der beteiligten Spieler keine Einsicht zu bemerken gewesen sei.

Artikel vom 27.01.2007