27.01.2007 Artikelansicht
Ausschnitt Zeitungsausschnitt
Drucken Drucken

 

Mütter braucht der Arbeitsmarkt

Experten geben Delbrückern Tipps in Sachen Familienfreundlichkeit

Kreis Paderborn/Delbrück (WV). Die Situation der arbeitenden Bevölkerung in Delbrück stand jetzt zur Diskussion. Über Fachkräftemangel und familienfreundliche Personalpolitik sprachen auf Einladung des Delbrücker Arbeitskreises Familie der Geschäftsführer der Industrie- und Handelskammer, Jürgen Behlke, und Frank Müter in Vertretung der Geschäftsführung der Kreishandwerkerschaft gemeinsam mit Vertreter aus Politik, Verwaltung und verschiedener Institutionen.

»Gerade im Zusammenhang mit der demografischen Entwicklung in Deutschland sollten die Unternehmen für dieses Thema sensibilisiert werden«, betonte Jürgen Behlke. Jeder Unternehmer sei interessiert, qualifizierte und zufriedene Mitarbeiter zu beschäftigen, denn im Umkehrschluss führt dies zu hoher Arbeitsmotivation und Arbeitsleistung. »Wir müssen erkennen, dass es kein Patentrezept gibt - jedes Unternehmen muss gesondert betrachtet und behandelt werden«, so Jürgen Gehrke, Fachmann der Industrie- und Handelskammer (IHK). Speziell in der Frage der Rückkehr junger Mütter nach der Schwangerschaft empfiehlt er dem Arbeitskreis zuerst genau zu analysieren, welcher Bedarf in der Stadt Delbrück besteht, um entsprechende Gespräche mit den ortsansässigen Unternehmen zu führen. Hierbei spielen sicher auch die Erweiterung der Öffnungszeiten der örtlichen Kindertageseinrichtungen und variable Arbeitszeiten für junge Eltern in den Betrieben eine entscheidende Rolle.
Nach Aussage des Statistischen Bundesamtes wird ohne Zuwanderung und sonstige familienpolitische Maßnahmen die Bevölkerung Deutschlands bis zum Jahr 2050 von heute 82,4 Millionen auf etwa 70 Millionen Einwohner schrumpfen. »Damit steuert Deutschland auf einen erheblichen Mangel an Fachkräften zu«, so Frank Müter, Leiter des Paderborner tbz ( Technologie- und Berufsbildungszentrum). Der Bogen lasse sich weiterspannen bis hin zur Berufsausbildung - hier speziell die Ausbildung junger Frauen. »Die Thematik der Ausbildung junger Frauen und Mädchen in Berufen, die bis dato als reine ÝMännerberufeÜ angesehen wurden, erfordert ein Umdenken aller - auch speziell der Eltern. Die Handwerkerschaft braucht in Zukunft auch gut qualifizierte Frauen.« Fakt sei, dass zusätzlich zu der demografischen Entwicklung der deutschen Wirtschaft große Potenziale an Wissen und Kreativität verloren gehen. Mehr als 40 Prozent der Frauen in Westdeutschland und 22 Prozent der Frauen in Ostdeutschland kehren nach dreijähriger Elternzeit nicht an ihren Arbeitsplatz zurück, obwohl deutsche Frauen nie besser ausgebildet waren als heute und die Mehrheit der Frauen mit Kindern bis drei Jahre gerne wieder arbeiten würden. Hier sei die Politik gefragt, die Rahmenbedingungen weiter zu verbessern.
»Junge Familien wollen in ihrer Lebensplanung Familie und Beruf stärker miteinander vereinbaren können«, führte die Sprecherin des Delbrücker Arbeitskreises Familie, Rita Köllner, zum Schluss des Gespräches aus. Sie verweist auf andere europäische Staaten, die Deutschland in dieser Hinsicht schon weit voraus sind. Die Möglichkeit der individuellen Berufs- und Lebensplanung von Männern und Frauen wird ihrer Meinung nach nicht nur die Arbeitszufriedenheit in den Unternehmen steigern, sondern wahrscheinlich auch die Elternschaft wieder attraktiver machen und die Scheidungsquote senken.

Artikel vom 27.01.2007