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»Mimi« ist mehr als Ersatz

23-jähriger Kraus glänzt nach Baurs Verletzungspech

Von Volker Krusche
Dortmund (WB). Michael Kraus, der gefragteste Interview-Partner nach dem Sieg gegen Frankreich, ließ die Journalisten einfach stehen. Der 23-Jährige kletterte über die Absperrung und lief zu seinen Fans, die ihn längst lautstark feierten.

»Ein tolles Gefühl«, befand der Göppinger. Bereits nach vier Minuten war »Mimi« gegen Frankreich von Heiner Brand auf die Platte geschickt worden, weil sich Spielmacher Markus Baur nach einem Sprint an die Wade fasste und humpelnd das Feld verließ. Brand schwante nichts Gutes, was sich später mit der Diagnose Muselfaserriss bestätigte. »Wenn Markus ausfällt, tut uns das sehr weh. Nach Michaels schwacher Vorstellung gegen Tunesien hatte ich ein mulmiges Gefühl. Ich war mir nicht sicher, ob Kraus das Spiel an sich reißen würde.«
Doch der Bravo-Boy widerlegte alle Befürchtungen seines Coaches. »Was sicherlich auch daran lag, dass mir gleich im ersten Angriff ein Tor gelang.« Das freute auch »Schorsch« Baur: »Mimi lief anschließend heiß.« Dessen Turbo arbeitete auf Höchsttouren.
Kraus spürte aber auch wertvolle Rückendeckung. »Meine Eltern, mein Bruder und meine Freunde saßen auf der Tribüne. Das hat mich zusätzlich beflügelt. Allerdings wusste ich, dass ich spielen würde. Gegen eine Mannschaft wie die Franzosen ist die Substanz des gesamten Kaders gefordert. Und um Heiner nicht zu enttäuschen, habe ich mich auch ganz intensiv vorbereitet.«
Einer allerdings hatte sich nicht auf den 23-Jährigen vorbereitet: Frankreichs Trainer Claude Onesta. Der sagte nur: »Ich hatte Markus Baur auf der Rechnung, aber keinen Michael Kraus.«
Gegen Island musste der Göppinger dann von Beginn an ran. Und erneut setzte er im ersten Abschnitt Akzente, wenngleich nicht ganz mit jenem Glanz wie gegen die Franzosen. Dennoch führte er gut Regie und traf vor dem Halbzeitpfiff vier Mal. An Selbstvertrauen mangelt es dem 23-Jährigen jedenfalls nicht. »Wir spielen im eigenen Land und haben vor niemandem Angst!«
Brand nimmt solche Aussagen mit einem Lächeln hin. »Michael hat einen tollen Sprung hingelegt. Es macht Spaß zu sehen, wie er sich nach vorn spielt und das Ganze hier genießt.«

Artikel vom 29.01.2007