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Struwwel-Lösung


Das Rätsel um die Herkunft des Wortes »Struwwel« ist gelöst! Dabei haben die Leserinnen und Leser sehr viel Amüsantes zu Tage gefördert, aber auch großen Sachverstand bewiesen - und viel Humor.
So weiß Glossenschreiber Heinz jetzt, dass in Deutschland 483 Personen den Nachnamen Struwwel tragen - und dass es im Marburger Südviertel einen traditionsreicher Damen- und Herren-Salon gibt, der unter »Friseur Struwwel-Peter« firmiert. Am Rande kam auch zur Sprache, dass 1890 ein Buch unter dem Titel »Struwwel-Liese« erschienen ist - ein Pendant zum Struwwelpeter, das sich ausschließlich an Mädchen richtete.
Leserin Christa Gante schreibt Heinz direkt an und hat herausgefunden: »Schau doch einmal nach, woher der Dr. Hoffmann (Autor des Struwwelpeter) kommt!? Ei, aus Hesse kommt er, und was schwätze die Leit in Hesse? Natürlich hessisch - und da sagt man eben struwwelig und nicht strubbelig! Erinnere Dich an gute alte Zeiten bei ÝMainz wie's singt und lachtÜ: Wie hieß da eine von den beiden Putzfrauen? Frau Struwwelig«.
Leser Dieter Bremes führt sogar das Wörterbuch Deutsch-Hessisch an und ist ganz sicher: »Struwwel stammt aus dem hessischen Sprachraum. Danach bedeutet struwwel Ýstruppiger KopfÜ.« In diesem Wörterbuch heißt es: »STRUWWELKOPP: Mensch mit ungepflegten, wirren Haaren. Na, du Struwwelkopp, ich glaab, ich muss derr mal e Scheer kaafe, un dann geht's awwer ratschratsch un die Hoorn sin ab.« Übrigens: Direkt darauf folgt das Wort »Subbekaschber« (schlechter Esser): »Sabberlott nochemal, jetz iss doch emal dein Deller leer...«
Leser Tim Radulovic schreibt: »Das Wort ÝStruwwelÜ leitet sich, wie von Heinz vermutet, von ÝstrubbelÜ oder ÝstrubbeligÜ ab; nur stammt das Wort ÝStruwwelÝ aus dem pfälzischen Sprachraum. Hier bedeutet Strubbel oder auch Struwwel Ýwirre, abstehende, struppig Haarsträhne, Haarkräusel, schlechte FrisurÜ. Auch stammt der Autor des Struwwelpeter, Heinrich Hoffmann, aus Frankfurt am Main, das der Pfalz ja nicht ganz fern liegt. Im Rahmen meiner ÝStruwwel-RechercheÜ habe ich im Internet ein ÝPfälzisches WörterbuchÜ entdeckt. Des weiteren gibt es auf der Homepage www.struwwelpeter.org alles Wissenswerte zu Heinrich Hoffmann und zur Entstehung des Struwwelpeters.«
Leser Jürgen Wilhelm hat zum Standardwerk Kluge (Etymologisches Wörterbuch der deutschen Sprache) gegriffen. Dort ist zu lesen: »STRUWWEL: von mittelhochdeutsch (15. Jh.) strobelen strubbelig, struppig machen, Gestrüpp, sich sträuben. Strubbelkopf - Kopf mit ungekämmten Haaren. Vgl. das Kinderbuch ÝStruwwelpeterÜ mit rheinfränkischer Lautform.«
Leserin Heidrun Münter erinnert sich an ihren Besuch auf dem Kulturgut Haus Nottbeck bei Oelde: »Dort gab es bis zum 21. Januar die sehenswerte Ausstellung ÝWenn die Kinder artig sind... - Der Bilderbuchklassiker StruwwelpeterÜ. Auf den Informationstafeln in der Ausstellung konnte man erfahren, dass ÝstruwwelÜ die Frankfurter Aussprache für ÝstrubbelÜ ist. Der Verfasser des Buches schrieb 1844 die Geschichten für seine eigenen Kinder. Zu der Ausstellung ist ein interessantes Buch erschienen, das ich dort erworben habe: ÝWenn die Kinder artig sind - Zur Aktualität des Kinderbuchklassikers StruwwelpeterÜ. Ich erlaube mir, einen berühmten Vergleich zur Frankfurter Aussprache zu erwähnen. Der größte Sohn Frankfurts lässt Gretchen beten: ÝAch neige, Du Schmerzensreiche, Dein Antlitz gnädig meiner NotÜ (Goethe, Faust I). Über die Aussprache bzw. den für uns nicht erkennbaren Reim von ÝneigeÜ ist viel geschrieben worden (z.B Friedrich/Scheithauer, Kommentar zu Goethes Faust, Reclam UB 7177, 1986). -CP-

Artikel vom 25.01.2007