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Kraft bringt frischen Wind ins Bad

Jahresempfang des SPD-Kreisverbandes mit frisch gekürter Landesvorsitzenden

Kreis Gütersloh (rec). Am Samstag in Bochum zur neuen Landeschefin gewählt am Sonntag beim Jahresempfang des SPD-Kreisverbandes im Gütersloher Parkbad mit dabei. Hannelore Kraft will frischen Wind in die Partei bringen. Den spürten Genossen nicht nur im Sturm vor der Tür.

Im Parkbad widerstand sie der Versuchung, ihre kämpferische, gegen die schwarz-gelbe Regierung gerichtete Rede vom Landesparteitag einfach zu wiederholen. Gezielt pickte sie jene Probleme heraus, die den Leuten hier auf den Nägeln brennen. Die Arbeitslosigkeit zum Beispiel. Trotz anziehender Konjunktur festige sich ein Sockel von Langzeitarbeitslosen, die kaum noch Chancen hätten, in einen Beruf zurückzukehren. Sie würden von der Landesregierung auf doppelte Weise hängen gelassen. »Zum einen kürzt sie Bildungsträgern die Zuschüsse, zum anderen gibt sie Unternehmen keinerlei Impulse.« Wie dringend erforderlich etwa sei ein Zusammenschluss von Autozuliefer-Firmen, um die Teilnahme an Messen oder den Ausbau von Exportquoten zu ermöglichen. Der Kreis Gütersloh sei ein Industriestandort und müsse es auch bleiben. Dazu zitierte sie Franz Müntefering: »Wir können uns am Ende nicht alle gegenseitig die Haare schneiden.«
Keine Ansprache ohne Kinder. Das neue Schulgesetz in Nordrhein-Westfalen verschärfe die soziale Selektion. Junge Schüler müssten statt dessen die Chance erhalten, länger gemeinsam zu lernen: »Nach dem neuen Gesetz stehen die Kleinen schon mit neun Jahren vor der Frage, welche weiterführende Schule für sie in Frage kommt. Eltern kaufen ab der zweiten Klasse Nachhilfeunterricht ein, damit ihre Kinder bloß den Sprung aufs Gymnasium schaffen. Das kann es doch wohl nicht sein.« Beitragsfreiheit vom Kleinkindergarten mit Platzgarantie bis zum Studium - dafür stehe die SPD.
Mit Blick auf die Ratsmitglieder und Bürgermeister unter den Gästen kritisierte Kraft außerdem die geplante Einschränkung wirtschaftlicher Tätigkeiten der Kommunen. Wenn die Gewinne von Stadtwerken privatisiert würden, wer komme dann für die defizitären Bäder und Busse auf? »Gewinne werden privatisiert, Verluste sozialisiert. So sieht der schwarz-gelbe Weg in Düsseldorf aus.« Der würde noch nicht einmal vor den Sparkassen stoppen: »Das dreigliedrige Bankensystem in Deutschland hat sich bewährt. Die Sparkassen müssen in öffentlicher Trägerschaft bleiben.«
Mit einem »Harsewinkler Pferdeappel« von Kreisvorsitzendem Hans Feuß (»Am besten erst in den Kühlschrank legen«) machte sich Kraft anschließend nach Halle auf, um gemeinsam mit Staatssekretär und Parkbadbesucher Günther Kozlowski (CDU) das Handballspiel Deutschland - Argentinien zu schauen. So blieben die möglichen Debatten mit Gewerkschaftern aus, die einiges zur ehemaligen SPD-Wirtschaftspolitik im Land hätten sagen können. Oder mit Lehrern und Schuldirektoren, die heilfroh sind, vorerst keine sozialdemokratischen Heilskonzepte aus dem Schulministerium mehr zu bekommen, sondern endlich Personal.
Diese Debatten will die SPD jedoch intern weiter führen. Für Juni kündigte Kreisvorsitzender Hans Feuß einen Sonderparteitag an. Auf dem sollen die Ergebnisse der laufenden Programmdebatte diskutiert und verabschiedet werden. Daneben bemühen sich die SPD-Ortsvereine seit vergangenem Jahr verstärkt um neue Mitglieder.

Artikel vom 22.01.2007