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77:52 - das Ende
der Zurückhaltung

BBL: Baskets demontieren die Artland Dragons

Von Elmar Neumann
Paderborn (WV). Wie es sich für einen wohl erzogenen Aufsteiger gehört, sind auch die Paderborn Baskets nur mit einem einzigen Ziel in die BBL-Saison gestartet: der Klassenerhalt. Drin bleiben hieß die Vorgabe und heißt sie immer noch, aber es ist nicht mehr das einzige Ziel. Seit diesem 18. Spieltag ist alles anders. Ein 77:52-Triumph über den bisherigen Ligavierten Artland Dragons hat die Sichtweise verändert. Mit der vornehmen Zurückhaltung ist es jetzt vorbei.

»Einfach nur geil«, urteilte Sportdirektor Dr. Nima Mehrdadi über das, was die begeisternden Gastgeber den 2900 Zuschauern im Sportzentrum Maspernplatz boten und Kapitän Tim Black zu dieser bemerkenswerten Schlussfolgerung veranlasste: »Wenn wir so spielen, ist alles möglich. Dann sind auch für uns die Play-offs drin. In dieser Verfassung muss uns erstmal jemand schlagen.« Wo Black Recht hat, hat er Recht: Mit der besten Saisonleistung und einem nahezu perfekten dritten Viertel (22:5) machte der Novize höhere Ansprüche geltend.
Auf Tübingen, Trier und Frankfurt (zweiter bis vierter Spieltag) folgten nun Karlsruhe, Gießen und Quakenbrück - es ist die zweite 6:0-Serie der Baskets und doch ist dieses Team nicht mehr mit dem vom Saisonbeginn zu vergleichen. Am deutlichsten wird die Entwicklung beim Blick auf Hin- und Rückspiel gegen die im zweiten Anlauf demontierten Dragons. In der Artland Arena hielt das Team von Trainer Doug Spradley zwar mit, bekam unter den Körben aber nie ein Bein an den Boden. Mit 35:19 entschieden die Emsländer das Rebound-Duell gegen die Ostwestfalen für sich. Vier Monate später ist das Verhältnis ein anderes, lautet 44:27 für Paderborn und gegen die Gäste um die diesmal wankende Center-Wand Darius Hall. Wie »The Wall« war auch Adam Hess beim Wiedersehen kein Faktor mehr. Der BBL-Topscorer war stattdessen bei Steven Esterkamp in den allerbesten Händen. »Steven hat eine Top-Defense gespielt«, sagte Doug Spradley und verzieh dem Hochgelobten gern, dass er selbst ohne Zähler blieb. Hess: zwei Punkte, Esterkamp: null Punkte. Im Hinspiel hatte dieses sonst treffsichere Duo zusammen noch 51 Punkte erzielt. Hess: 28. Esterkamp: 23.
Ohne Hess-ische Punkte war es allein David Jackson, der die Dragons mit 18 seiner 21 Punkte in der ersten Halbzeit auf Schlagdistanz hielt (37:35). Nach Wiederbeginn hatten die Baskets aber auch diesen Störenfried im Griff - und wie: Das dritte Viertel ging mit 22:5 an Paderborn, der Aufsteiger führte den etablierten Erstligisten vor. »Meiner Mannschaft waren die vielen Verletzungsprobleme der vergangenen Wochen anzumerken, aber Paderborn hat auch exzellent gespielt«, musste Quakenbrücks Trainer Chris Fleming eingestehen, was alle sahen.
Die Dragons hatten im ersten Durchgang einen Jackson, im zweiten niemanden mehr. Die Baskets hatten sich und waren im Kollektiv nicht mehr zu stoppen. »Vom ersten bis zum letzten Spieler hat jeder 100 Prozent gegeben. Wir haben schon gegen einige der Top-Mannschaften geführt, es bislang aber leider nicht geschafft, so ein Spiel auch zu finishen. Das hatten wir uns diesmal fest vorgenommen und endlich ist es uns gelungen. Wir haben heute einen ganz großen Schritt nach vorne gemacht«, sagte Tim Black.
Bereits mehrere Minuten vor dem Ende hatte ein Großteil der 250 Artland-Anhänger genug, verließ frustriert die Stätte der Schmach, derweil die Baskets ihren Vorsprung noch bis auf 27 Punkte (77:50) ausbauten. Das auch dank eines Dreiers von Martin Duggen und des Mitwirkens von Daniel Lieneke und Christoph Hackenesch. »Das war das Beste, was ich bisher gesehen habe. Ich kann mich nicht daran erinnern, wann eine Paderborner Mannschaft so stark gespielt hat wie im dritten Viertel«, sagte Mehrdadi und blickte auf die Tabelle. Die Abstiegsplätze sind bereits zehn Punkte entfernt, zum ersten Play-off-Platz sind's dagegen nur zwei. Und da darf es jetzt hingehen. Mit der Zurückhaltung ist es vorbei.

Artikel vom 22.01.2007