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Das große Aufräumen danach

Schlamm an der Goebenstraße - Berufsschüler stranden in Wuppertal

Von Bernd Bexte
und Jörn Hannemann
Herford (HK). Nach dem Orkantief »Kyrill« waren am Freitag in Herford die Aufräumarbeiten in vollem Gange. In vielen Vorgärten, Kellern und Garagen herrschte hektisches Treiben.

Erst kam der Sturm, dann der Schlamm: Harry Kleimann steht nach dem Unwetter knöcheltief im Morast und füllt Eimer um Eimer mit Schlamm. Seine Vermieterin Ulla Reichard bearbeitet gleichzeitig die verschmutzte Hofeinfahrt mit einem Hochdruckreiniger. Ihr Haus an der Goebenstraße 28 grenzt unmittelbar an die Werre, die wegen »Kyrill« über ihre Ufer getreten war. Das verdreckte Wasser stand an der Hauswand, vor der normalerweise Autos parken, bis zu 50 Zentimeter hoch - und lief in zahlreiche Kellerräume und zwei Garagen.
Bis in die Nachmittagstunden dauerten am Freitag die Aufräumarbeiten. »Ich habe in dieser Nacht kein Auge zugemacht«, erzählt der 58-Jährige. Mit einem Stuhl und viel heißem Kaffee hielt er bis in die Morgenstunden vor einem Abwasserschacht mit einer Pumpe Wache. Kleimann: »Wäre die Pumpenanlage ausgefallen, wäre unsere ganze Heizungsanlage abgesoffen.«
Eine anstrengende Nacht liegt auch hinter zehn Schülern des Wilhelm Normann-Berufskollegs. Die 17- bis 25-Jährigen waren mit Klassenlehrerin Andrea de Groot sowie zwei Referendaren am Mittwoch zur Möbelmesse nach Köln gefahren. Die Fachklasse der Raumausstatter hatte sich nach einem Bummel durch die Domstadt Anregungen auf der Messe geholt und wollte am Donnerstagnachmittag wieder gen Herford fahren. »Der Zug fuhr auch gegen 16.30 Uhr ab. Wir kamen aber nur bis Wuppertal-Vohwinkel«, erzählt Andrea de Groot im Gespräch mit dem HERFORDER KREISBLATT. Zunächst seien die Fahrgäste im gut gefüllten Regional-Express per Lautsprecheransage mehrmals vertröstet worden, bis sie dann aufgefordert wurden, sich mit Essen zu versorgen. »Wir haben uns dann etwas im Supermarkt gekauft und uns zunächst auf eine Übernachtung im Zug eingestellt«, erzählt die 38-Jährige. »Es war schon chaotisch, aber die Schüler waren sehr besonnen.« Per Handy riefen sie ihre Chefs an, da sie am Freitagmorgen eigentlich wieder zur Arbeit erscheinen sollten - aber gar nicht wussten, ob sie bis dahin wieder zu Hause sind. »Zwei meiner Schülerinnen haben auch schon Kinder, bei denen sie eigentlich abends sein wollten.«
Mitarbeiter der Johanniter-Unfallhilfe hätten die Fahrgäste dann für Taxifahrten eingeteilt, die die Bahn als Ersatzverkehr organisiert hatte. Kurz vor halb zwölf ging es dann doch noch mit zwei Großraumtaxen gen Ostwestfalen, wo die Schüler in ihren Heimatorten von Rheda bis Detmold abgeliefert wurden. Die Rechnung von jeweils 300 Euro übernahm selbstverständlich die Bahn. »Um viertel nach drei war ich dann endlich zu Hause in Herford«, berichtet die Berufsschullehrerin, die am Freitagnachmittag noch so manche Stunde Schlaf nachholen musste.
l Im Kreis mussten Feuerwehr, Technisches Hilfswerk und Polizei zu fast 1300 sturmbedingten Einsätzen ausrücken. Welche Schäden »Kyrill« im Kreis Herford angerichtet hat, lesen Sie auf der Lokalseite 3/Seite Hiddenhausen

Artikel vom 20.01.2007