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Auf der Ewert bald ganz dicht?

Salzkottener Landwirt ist sauer: Bahnübergang seit Jahren geschlossen

Von Marion Neesen (Text und Foto)
Salzkotten (WV). Heinrich Ricke fühlt sich veräppelt. Seit 13 Jahren kämpft der Salzkottener Landwirt um eine »freie Fahrt« am Bahnübergang »Auf der Ewert«. Immer wieder hat er den Versprechungen der Bahn AG und der Stadt Salzkotten, dort eine Brücke zu bauen, vertraut. Jetzt ist Schluss damit.

Am 4. Januar flatterte dem Salzkottener Post der Bezirksregierung ins Haus. Das Planfeststellungsverfahren solle aufgehoben und somit der Bau einer Brücke am Übergang »Auf der Ewert« endgültig ad acta gelegt werden. Bis zum 16. Februar habe er Zeit, dazu Stellung zu nehmen. Eine Frechheit und gar nicht rechtens, wie der Landwirt findet. Was ihn dabei so verärgert, ist nicht der Verzicht auf den Brückenbau, sondern die endgültige Sperrung des Übergangs - nicht nur für den motorisierten Verkehr.
Zum Hintergrund: Heinrich Ricke wohnt im Habringhauser Weg südlich der Bahnlinie. Zwei Drittel seiner landwirtschaftlich genutzten Flächen und eine weitere Halle befinden sich nördlich der Bahnlinie. Für ihn eigentlich ganz einfach über den Zollweg und die Dr. Krismann Straße zu erreichen. Wäre da nicht der Bahnübergang, der seit 1994 geschlossen ist, weil dort eine Ölwanne dem holprigen Stück Weg zum Opfer fiel.
Seitdem müssen sich die Vollerwerbs-Landwirte Heinrich Ricke und sein Sohn Udo mit ihren oftmals breiten landwirtschaftlichen Geräten durch den städtischen Verkehr arbeiten; über die B1, die Scharmeder Straße oder am Krankenhaus vorbei. Dabei stört sie nicht nur der kostenintensive Umweg. »Ein unverantwortliches Risiko«, schimpft Heinrich Ricke, »wie oft passieren Unfälle mit landwirtschaftlichen Fahrzeugen. Muss es erst einen Toten geben, bevor der Weg wieder frei gegeben wird?«
Dass das Planfeststellungsverfahren nun aufgehoben werden soll, ist für den 63-Jährigen ein klarer Verstoß gegen das geltende Recht, und er beruft sich dabei auf einen Planfeststellungsbeschluss aus dem Jahre 1994, wonach der Bau der Brücke zum Gesetz wurde. »Immer wieder haben mich Stadt und Bahn vertröstet. Nahezu jedes Jahr habe ich eine neue schriftliche Zusage zum Baubeginn bekommen«, sagt der Landwirt. Doch weder wurden die Brücke gebaut noch der Bahnübergang frei gegeben - aus Sicherheitsgründen, wie es in mehreren Stellungnahmen der Bahn heißt. Doch Ricke und einer seiner Mitstreiter haben herausgefunden, dass es in Geseke und Benhausen Bahnübergänge mit ganz ähnlicher Neigung und Kurvenlage gebe.
Die geplante Brücke »Auf der Ewert« (Kosten insgesamt etwa 3,4 Millionen, für die Stadt rund 250 000 Euro) hatte indes sogar bundesweit für Furore gesorgt. Der Bund der Steuerzahler hielt den geplanten Bau für eine Verschwendung von Steuergeldern, das Vorhaben wurde als »Soda-Brücke« tituliert, weil die Brücke überhaupt keinen Zweck erfülle und einfach nur so da stehe.
Ob Brücke oder nicht, das ist Heinrich Ricke eigentlich egal, er möchte lediglich die Schienen queren und hat dafür auch alternative Vorschläge gemacht. So könnte etwa eine Anrufschranke den Weg frei machen, was den Steuerzahler nicht belaste. Doch auch dieser Vorschlag fand bei der Bahn keine Zustimmung. Im Gegenteil seien ihm nun Pläne bekannt, wonach der Übergang gänzlich - also auch für Fußgänger und Radfahrer - gesperrt werden soll. Damit werde auch die Anbindung an überregionale Radwege gekappt. »Das weiß ja überhaupt keiner«, so Ricke, der mit seinem Protest nicht allein da steht. 40 Anlieger sind von der Sperrung betroffen, vier kämpfen an seiner Seite. Ricke vermutet allerdings, dass der Brückenbau nie wirklich ernsthaft geplant gewesen sei; müsse doch im Falle der B 1 neu noch eine weitere, teure Brücke gebaut werden. Eine finanzielle Entschädigung für seine Umwege kommt für Ricke allerdings angesichts des Verkehrsrisikos überhaupt nicht in Frage. »Ein Menschenleben ist doch nicht mit Geld aufzuwiegen«, ist der Salzkottener empört. Heinrich Ricke, dessen Vater Ehrenringträger der Stadt Salzkotten war, hat jetzt den Anwalt eingeschaltet, der in Paderborn auch schon die Kläger gegen das Stadion vertreten hat.

Artikel vom 20.01.2007