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Aus Liebe zu Bus und
U-Bahn: Kind auf Tour

Achtjähriger vermisst - Polizei bringt Schüler zurück

Von Volker Zeiger
Spenge (SN). In der Straßenbahn kreuz und quer durch Bielefeld - das hat sich am Dienstag ein Achtjähriger aus Spenge gegönnt. Was ihm nicht bewusst war: Er sorgte gleichzeitig für eine große Suchaktion, in die außer der Polizei aus dem Kreis Herford auch Bielefelder Ordnungskräfte eingebunden waren. Ein Fahrer der Straßenbahnlinie 4 sichtete den Jungen am späten Nachmittag am Bahnsteig der Haltestelle Jahnplatz, ließ ihn einsteigen und informierte die Leitstelle. Polizisten brachten den Jungen dann nach Hause zu seiner besorgten Mutter.

Laut Polizei war der Grundschüler gegen 12.15 Uhr pünktlich von der Schule zurückgekommen und wollte sich eigentlich nur noch die Zeit bis zum Mittagessen mit Spielen auf der Straße vertreiben, berichtete Polizeisprecher Wolfgang Haase.
Von da an fehlte von dem Jungen jede Spur. Nachdem die Mutter alle ihre Möglichkeiten ausgeschöpft hatte, alarmierte sie die Polizei. Die Ermittlungen des Spenger Bezirksdienstes ergaben, dass der Schüler ein großer Fan von Bus und Bahn ist. Der Zeitpunkt seines Verschwindens wurde mit den Fahrplänen des Öffentlichen Personennahverkehrs abgeglichen. Daraus ergab sich, dass zur Mittagszeit ein Bus nach Bielefeld - Linie 56 - gefahren war. Die BVO sowie die Minden-Herforder-Verkehrsbetriebe (VMR), die Spenge bedienen, wurden in die polizeiliche Fahndung miteinbezogen. Per Funk verständigten die Verkehrsbetriebe die jeweiligen Fahrer und gaben eine Beschreibung des Jungen durch. Das auffälligste Kleidungsstück des 1,40 Meter großen Schülers, der eine olivgrüne Jacke trug, war indes laut Wolfgang Haase ein gelb-roter Harry-Potter-Schal.
Der Erfolg der Suche stellte sich gegen 17.20 Uhr ein. Ein Fahrer der Bielefelder Straßenbahnlinie 4 Richtung Universität/Lohmannshof sichtete den Jungen an der Haltestelle Jahnplatz. Nach Auskunft von Wolfgang König, Sprecher der Bielefelder Verkehrsbetriebe »moBiel«, habe der Fahrer den Jungen an dem typischen Schal erkannt, den Schüler in die Bahn gebeten und ihn bis zum Lohmannshof mitgenommen. Zwischenzeitlich verständigte der Straßenbahnfahrer die Leitstelle der Verkehrsbetriebe und diese wiederum die Polizei. Ordungshüter warteten an der Haltestelle Lohmannshof auf die Bahn und den jungen Ausreißer und fuhren den Jungen schließlich nach Spenge, wo ihn seine Mutter in Empfnag nahm.
Eine Befragung des Jungen durch die Polizei ergab, dass er um 12.32 Uhr in Spenge in den Bus nach Bielefeld gestiegen war. Nachdem der Schüler in Babenhausen in eine Straßenbahn umgestiegen war, hatte er sich laut Polizei zunächst den Bielefelder Hauptbahnhof angesehen und war dann weiter bis zu seinem Aufgreifen Straßenbahn gefahren. Haase: »Es ist nicht bekannt, wie viel Fahrgeld der Junge ausgegeben hat«.
Die Bielefelder Verkehrsbetriebe unterstützen, wie König sagte, bei Bedarf die Polizei. »Es kommt schon mal vor, dass verwirrte, ältere Leute vermisst werden«, sagte König. In solchen Fällen habe die Unterstützung stets Erfolg gehabt. Ein Fall wie der des bahnbegeisterten Jungen aus Spenge sei nie dabei gewesen. »Wir sind jedenfalls froh, dass wir den Schlingel fanden«, sagte König.
Dem Fahrer des »flotten Fuffzigers« der BVO, der von Spenge nach Babenhausen fuhr, war der Knirps nicht aufgefallen. »Wahrscheinlich hatte er eine Karte«, vermutete Stefan Kamender, Leiter des BVO-Regiocenters Bielefeld. Überdies werde die Linie zur Mittagszeit von Schülern gut benutzt.

Artikel vom 18.01.2007