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Schmiss und Schmackes

Theater Detmold: »Frau Luna« als Muntermacher

Von Hans-Joachim Chollet
Paderborn (WV). Natürlich ist man auch in Detmold nicht hinterm Mond und weiß heute, dass unser Erdbegleiter weder einen Mann noch eine Frau verbirgt - und trotzdem zauberte das Landestheater »Frau Luna« auf die Bühne der gut besuchten Paderhalle.

Paul Linckes am Silvestertag 1899 aufgeführtes Erfolgsstück gilt als Musterbeispiel der Berliner Operette, die zwar den Walzer nicht verschmäht, aber Stimmung aus Rheinländern und Märschen bezieht, wie das munter aufspielende Orchester unter der suggestiven Leitung von Jörg Pitschmann bewies.
Im leicht schrägen Berlin-Bühnenbild mit Zille-Anspielungen entwickelt sich die possenartige Handlung um den Mechaniker Fritz Steppke (Markus Gruber als sympathischer Buffo), der mit seinen Freunden zum Mond fliegen möchte, um allen irdischen Zwängen und verfahrenen Beziehungskisten zu entgehen, und der dann feststellen muss, dass es »dort oben« ähnlich zugeht wie auf der Erde: Ein Traum, der ihn in das Reich der Frau Luna (ent-)führt, öffnet ihm die Augen, ein Brief eröffnet ihm eine veränderte Zukunft.
Reizvoll ist es, die Akteure in ihren Doppelrollen zu erleben: Schneider Lämmermeier (Manfred Ohnoutka) wird im sonnenglutroten Abendkleid zur verruchten Göttin der Liebe, Brigitte Bauma überrascht als sehr irdische Chansonette und dann als hoheitsvolle Frau Luna, die ihren Auftritt wie eine milde »Königin der Nacht« zelebriert. Annette Blazyczek, stets kapriziös, ist einmal das Dienstmädchen Ella und einmal Lunas Zofe Stella, Johannes Harten mimt den autoversessenen Leutnant von Schlettow und als Prinz Sternschnuppe Schnuppi, den Pop-Star, mit Mario-Lanza-Anklängen. Natürlich lebt das Geschehen, das den Publikumsraum miteinbezieht, vom Berliner Witz - berlinert wird auf Deubelkommraus, und Silke Dubilier als »möblierte Wirtin« Pusebach hat daran genügend humorigen Anteil - aber atmosphärisch dicht wird es, wenn die Musik mit Schmiss und Schmackes dazukommt, manchmal sich auch gefühlvoll zurücknehmend (eindrucksvoll Klaus Belzer als Leierkastenmann) und die bekannten Gassenhauer frisch und wie geputzt serviert. Leider deckt das Orchester (zu) oft die Stimmen zu.
Glanzvoll das Traum-Bühnenbild des Luna-Reiches mit dem Brandenburger Tor im Hintergrund, phantasievoll die Kostüme, choreographisch abwechslungsreich die Ballettszenen - ein Abend als Muntermacher. Großer Beifall am Schluss, der mit Linckes Musik noch an Stärke gewinnt.

Artikel vom 18.01.2007