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Traum erfüllt:
Endlich eine
Lehrstelle!

Modellprojekt macht's möglich

Verl (köh). Kevin Holland kann aufatmen. Lange hat der 19-jährige Verler gesucht, kaum noch damit gerechnet und nun doch noch einen Ausbildungsplatz bekommen - als IT-Systemkaufmann bei der Firma EDV Vorderbrüggen in Kaunitz.

Möglich gemacht hat diese glückliche Wende das Modellprojekt »ReAktivA«, das von der Europäischen Union als Geldgeber, vom Land NRW als Förderer und Vermittler sowie von der Creos Lernideen und Beratung GmbH und der Piening GmbH als Personalservice getragen wird. Unterstützt werden die Verbundpartner von der IHK Lippe zu Detmold, der Handwerkskammer Ostwestfalen und den Arbeitsagenturen. An den Start gegangen ist »ReAktivA« Mitte 2006.
Der Schulterschluss gibt auch kleinen Betrieben in Ostwestfalen-Lippe die Möglichkeit, eine Lehrstelle für Langzeitsuchende (mindestens ein Jahr) anzubieten. »Ohne diese Hilfe hätten wir keine Chance«, erklärt Geschäftsführer Klaus Vorderbrüggen, der außer dem Lehrling noch einen zweiten festen Mitarbeiter und eine Teilzeitkraft beschäftigt. Seinem kleinen Betrieb fehle dazu einfach finanziell wie auch organisatorisch die Stärke, sagt er. Mit Hilfe von Piening und Creos kann sich Klaus Vorderbrüggen voll auf die Ausbildung konzentrieren. Mit der Bürokratie hat er nichts zu tun.
Die kleine IT-Firma an der Fürstenstraße ist einer von zwei Betrieben in Verl und von insgesamt neun Firmen im Kreis Gütersloh (in Gütersloh sind es sechs und in Harsewinkel ist es eine Firma), die sich bislang im Rahmen des Modellprojekts engagieren und auf dieser Basis ausbilden. Insgesamt stehen 4,5 Millionen Euro EU-Mittel bereit, mit denen bis 2011 insgesamt mehr als 200 Lehrstellen geschaffen werden sollen - mit Übernahmegarantie, wie Projektentwickler Klaus-Peter Jansen von Creos und Geschäftsführer Dr. Thomas Baecker von Piening betonen. »Auch wenn ein Betrieb selber den Lehrling nach der Ausbildung nicht übernehmen kann, sorgen wir für einen Arbeitsplatz«, erklärt Baecker, dessen Personal-Service in dem Verbundsystem quasi als Arbeitgeber auftritt.
Die feste Anstellung als zweites Happy End auf dem Weg in den Arbeitsmarkt ist zugleich der Abschluss einer sozialpädagogischen und fachlichen Begleitung, die dem Auszubildenden Sicherheit gibt, ihm aber auch den Besuch von speziellen Seminaren abverlangt. Abverlangt wird ihm auch ein Verzicht auf die volle Ausbildungshilfe. Der abgesenkte Betrag liegt für alle Lehrlinge in diesem Projekt bei 350 Euro pro Monat im ersten Jahr, 380 Euro im zweiten und 430 Euro im dritten Jahr. Daran sind die Betriebe mit 0 Euro im ersten, 100 Euro im zweiten und 250 Euro im dritten Jahr beteiligt. Ab August dieses Jahres ändern sich die Konditionen für die Firmen, die dann im ersten Jahr 100 Euro pro Monat beisteuern müssen, im zweiten 200 und im dritten Jahr 300 Euro.
Das Modellprojekt, das laut Klaus-Peter Jansen in ganz Deutschland einzigartig sei, übernehme eine wichtige Aufgabe für die Gesellschaft. Jansen: »Die jungen Menschen haben auf der Suche nach einem Ausbildungsplatz oft einen langen Leidensweg hinter sich. Da zählt jeder Erfolg.« Und auch finanzpolitisch sei das Projekt weit mehr als nur ein Tropfen auf dem heißen Stein.
Für Dr. Baecker ist das Projekt ein wertvolles Instrument gegen einen »gesellschaftlichen Skandal«: »In OWL hatten wir mit Stand September 2006 insgesamt 2029 junge Menschen, die auf der Suche nach einem Ausbildungsplatz waren. Auf sie kamen 218 offene Stellen. Im Bezirk Bielefeld/Gütersloh waren es 682 und 103 offene Stellen. Und das ist nur die Spitze des Eisbergs, wenn man bedenkt, dass Tausende auf Berufskollegs und in Praktika ausweichen und sich oft sogar als Hilfsarbeiter durchschlagen.«

Artikel vom 17.01.2007