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Zwei Kidnapper wollten eine Million kassieren

Unternehmer sollte entführt werden

Von Hubertus Hartmann
Paderborn (WV). Planspiele an sich sind nicht strafbar - selbst wenn es sich um ein schweres Verbrechen handelt. Obwohl zwei Männer aus Bad Lippspringe schon ganz konkret eine Entführung geplant hatten, gehen sie (nahezu) straffrei aus.

Fadi D. (29) und sein Komplize Fatih H. (28) wollten den ganz großen Coup landen und eine Million Euro Lösegeld kassieren. Ihr Plan: Die Entführung eines Paderborner Unternehmers. Das Opfer hatten sie bereits im Visier, die Lösegeldübergabe schon durchgespielt. Die Familie des Entführten sollte zwei wasserdichte Koffer mit dem Geld in einem Schlauchboot auf der Ostsee deponieren.
Bei ihren Vorbereitungen im Frühjahr 2005 begingen die potenziellen Kidnapper allerdings einen Fehler - sie engagierten den falschen Mann als Mittäter. Bernd F. (28) aus Schlangen sollte die Unternehmerfamilie ausspionieren und Geld für die weitere Tatausführung auftreiben. Das benötigte Kapital besorgte sich der Entführungshelfer durch Diebstähle und Internet-Betrügereien. Weil er sich dabei aber zu dilettantisch anstellte, erwischte ihn die Polizei. F. legte ein umfassendes Geständnis ab und berichtete auch von den Entführungsplänen.
Die von ihm Beschuldigten bestritten die Vorwürfe jedoch vehement und erstatteten über ihre Anwälte gegen Bernd F. Strafanzeige wegen falscher Verdächtigung. Bei ihren Ermittlungen stießen Polizei und Staatsanwaltschaft dann allerdings sehr wohl auf eindeutige Beweise, die die Behauptungen des Informanten untermauerten. Bei einer Wohnungsdurchsuchung in Bad Lippspringe entdeckten die Fahnder die Geldkoffer. »Die waren mit Papierschnipseln in der Größe von 100-Euro-Scheinen gefüllt«, erzählt Staatsanwalt Hendrik Dahnke. »Anscheinend wollte die Täter ausprobieren, welche Summe in einen Koffer passt.« Auch das Schlauchboot mit Außenbordmotor, gelbe Markierungsfarbe und zwei Elektroschocker wurden sichergestellt. »Damit haben sich die Schilderungen des Zeugen als wahr erwiesen«, so Dahnke.
Für eine Anklage wegen versuchten erpresserischen Menschenraubes - darauf steht eine Haftstrafe von fünf Jahren und mehr - reichte es trotzdem nicht. Fadi D. und Fatih H. hatten es nämlich bei ihren Planspielen bewenden lassen und diese nicht realisiert. Ein freiwilliger Rücktritt von der beabsichtigten Tat sei nicht auszuschließen, erläutert der Staatsanwalt.
Dass die »Möchtegern-Schwerverbrecher« dennoch vor Gericht landeten, müssen sie ihrer eigenen Dummheit zuschreiben - nämlich ihrer Strafanzeige gegen Bernd F. falscher Verdächtigung. »Das war zu viel des Guten«, wie der Richter es gestern ausdrückte. Er verurteilte beide Männer nun ihrerseits wegen falscher Verdächtigung. Fadi D., der schon wegen versuchter räuberischer Erpressung vorbestraft ist, erhielt vier Monate auf Bewährung, sein Kumpel Fatih H. muss eine Geldstrafe von 1500 Euro (60 Tagessätze) zahlen.
»Ohne die Strafanzeige wären sie straffrei aus der Nummer rausgekommen«, sagte Staatsanwalt Dahnke.

Artikel vom 17.01.2007