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Paradies für Verler Ballettratten

Spiegel, Schwingboden, Stangen und helle Fenster: Glücklich über neues Domizil

Von Manfred Köhler
Verl (WB). Gesund ist es, sorgt für Körperspannung und macht fit vom Scheitel bis zur Fußspitze. Doch das interessiert den Nachwuchs der Ballettabteilung beim TV Verl nur wenig. Was die kleinen Mädchen unwiderstehlich anzieht, ist einfach der Spaß an der Bewegung zur Musik und dem rosa Ballettdress.

»Wir brauchen gar keine große Werbung zu machen, die Mädchen kommen auch so, weil sie die Farbe und das Ballettröckchen, das Tutu, toll finden«, erzählt Nadine Vedder, die seit 20 Jahren beim TV Verl Ballett tanzt und meint: »Das ist eben klassisch mädchenhaft.«
Doch wenn auch die kleinen Ballettmäuse Feuer und Flamme sind und die Ballettgruppen in der unteren Altersklasse aus allen Nähten platzen, bleibt das nicht immer so: »So im Alter von zwölf bis 13 Jahren verlieren manche die Lust, weil sie sich ein bisschen albern vorkommen. Einige springen dann ab.« Wer diese Zeit übersteht und bei der Stange bleibt, wird mit der zunehmenden Freude am eigenen Können und Perfektion belohnt. Ab zwölf heben die Tänzerinnen nämlich buchstäblich ab: Sie beginnen mit dem Spitzentanz.
Das können sie seit einigen Wochen bei idealen Bedingungen: Mit dem Umzug des TV Verl ins Schulzentrum ist für die Ballettabteilung buchstäblich eine neue Ära angebrochen. »Wir haben einen neuen Ballettsaal«, jubeln die etwa 100 Mitglieder der Abteilung um ihre Meisterin Renate Salinger, Tänzerin, Sängerin und Schauspielerin aus Bielefeld. Seit 31 Jahren leitet sie die Abteilung und kann es noch gar nicht glauben, dass das jahrzehntelange Arbeiten unter teils schwierigen Bedingungen endlich ein Ende hat. »Der neue Saal kann an Größe und Beschaffenheit bedenkenlos die Konkurrenz mit jedem Stadttheater aufnehmen«, sagt sie glücklich.
Zehn mal zehn Meter erstklassiger Schwingboden, eine ganze Wand voller Spiegel, zwei lichtdurchflutete Fensterwände und eine Wand mit zwei Ballettstangen in verschiedener Höhe bieten den kleinen und großen Balletttänzern das Paradies für ihren Sport. Keiner weiß das neue Ballettstudio mehr zu schätzen als die alten Hasen in der Truppe und die Pioniere, die einst das Ballett in dem traditionsreichen Verein ins Leben gerufen haben. 1968 war die Geburtsstunde, Geburtshelfer waren damals Maria Di Giglio und Elisabeth Markmeier, die das Ballettehepaar Häußler von den Städtischen Bühnen Bielefeld nach Verl holten. Ziel war es, der Wettkampfgymnastik mit einer Balletterziehung den letzten Schliff zu geben.
Doch bald schon bekam die Abteilung ihre Eigendynamik. Von 1973 bis 1975 führte die Tänzerin Regina Veillé die Gruppe, 1975 übergab sie die Aufgabe an Renate Salinger. Mit dem Auftakt in der Realschule begann für die junge Abteilung eine Odyssee durch verschiedene Räume wie Turnhalle der Bühlbuschschule, Pfarrzentrum St. Anna und schließlich Bonhoeffer-Schule. Meist fehlten die dringend notwendigen Spiegel, auch der Boden war nicht immer geeignet oder die Größe ließ zu wünschen übrig. Auch der Gymnastikraum am Leinenweg war klein, hatte aber eine ganze Spiegelwand. Sehr viele Ballettabende sind dort entstanden. Den Premiere-Abend erlebte die Abteilung 1982 unter Beteiligung sehr vieler Kinder mit der »Puppenfee« in der Aula der Hauptschule. Hier stellte der Zufall die Weichen: Ein Mitglied vom Gütersloher Kulturamt saß im Publikum, verfolgte begeistert die Aufführung und bat Renate Salinger, mit der Inszenierung nach Gütersloh zu kommen. Gemeinsam mit den Ballettschülerinnen vom DJK Gütersloh führte die Trainerin die Aufführung dort zu einem Riesenerfolg. Ein festes Kulturangebot war geboren. Mit dem nächsten abendfüllenden Märchen »Jan und Janka« übertraf Renate Salinger dann alle Erwartungen. Es folgten umjubelte Ballettmärchen wie »Schneeglöckchen«, »Die Prinzessin auf der Kichererbse«, »Schneeröschen und Rotweißchen« und »Der Verlobungsstrauß«. Die kleine Ballettgruppe hatte sich zu einem Aushängeschild für den TV gemausert. Doch bei allem Erfolg und der hervorragenden Mitgliederentwicklung bleibt auch ein Wermutstropfen. »Es wäre schön, wenn sich mehr Jungen fürs Ballett begeistern würden«, meint Nadine Vedder.

Artikel vom 18.01.2007