12.01.2007 Artikelansicht
Ausschnitt Zeitungsausschnitt
Drucken Drucken

 

Fahrrad-Fans
läuten in
Vlotho Sturm

Großes Interesse in Ostwestfalen

Von Jürgen Gebhard (Text)
und Oliver Schwabe (Fotos)
Vlotho (VZ). »Die Geschichte hat Kreise gezogen«, freut sich Sammler Markus Krieger über die enorme Resonanz auf den Bericht über den historischen Klingel-Deckel von Fahrrad-Händler Adolf Stumpe aus Vlotho. »Das Telefon hat tagelang nicht stillgestanden - sogar aus Holzminden, Hüllhorst, Lübbecke und Herford habe ich Anrufe bekommen.«

Markus Krieger hatte im Internetauktionshaus ebay einen uralten Bronze-Deckel für eine Fahrradklingel mit dem Schriftzug »Adolf Stumpe Vlotho« ersteigert und sich danach auf der Suche nach Informationen über jenen Fahrradhändler an diese Zeitung gewandt (»Historische Werbung auf der Klingel«, VZ vom 3. Januar). Zahlreiche WESTFALEN-BLATT-Leser griffen zum Telefon und meldeten sich bei Markus Krieger.
Einer der Informanten war Werner Eversmeier aus dem Kaitenweg, der 1932 als Zwölfjähriger sein erstes Fahrrad bei Adolf Stumpe - einem guten Freund von Vater Werner Eversmeier - erhalten hatte: Adolf Stumpe sei ein kleiner, kräftiger Mann mit Stoppelhaaren gewesen, der in seinem Laden am heutigen Sommerfelder Platz die guten Bielefelder Dürkopp-Fahrräder und -Nähmaschinen verkauft habe. »Zeitgleich gab es das Zweiradgeschäft Willer in der oberen Langen Straße«, berichtete Eversmeier.
Als »Stumpen Pümmel« sei Fahrradhändler Adolf Stumpe in der ganzen Stadt bekannt gewesen, erfuhr Markus Krieger von Karl-Heinz Flottmann aus Herford: Der heute 77-Jährige fuhr täglich mit dem Rad von Babbenhausen zur Oberschule nach Vlotho. Wenn die Kinder etwas nicht selbst reparieren konnten, hielten sie bei dem Fahrradhändler an: »Stumpen Pümmel« habe für seine Kunden immer Zeit gehabt und kleinere Reparaturen sofort durchgeführt. Karl-Heinz Flottmann berichtete am Telefon über seinen eigenen Vater, der selbst bei Dunkelheit mit dem Lastenfahrrad Zigarrenkisten wegbringen musste: »Ein paar Minuten bevor er losfuhr, machte er im Keller die Karbid-Lampe an - dann stank es im ganzen Haus nach Knoblauch.«
Eine Vlothoerin hatte den Kontakt zu Stumpes Enkeltochter Heide Nordmann hergestellt. Ihre Bitte, die Klingel kaufen zu können, schlug Markus Krieger aus. Trotzdem wurde er nach Bremen eingeladen, um dort alte Berichte und Fotografien zu sichten.
Keine neuen Informationen über Adolf Stumpe, dafür zahlreiche weitere historische Sammlerstücke wurden Markus Krieger aus Höxter angeboten. Eine 80-jährige Dame meldete sich, die mit ihrem Mann das vor Jahren in Holzminden aufgegebenes Fahrradgeschäft Horstmann geerbt hatte. Bis vor etwa zehn Jahren habe sie zusammen mit ihrer Schwester in dem 1920 vom Vater gegründeten Betrieb gearbeitet. »Mir wurden viele alte Sachen aus dem Geschäft angeboten, beispielsweise Lagerware, Geschäftseinrichtung, Werkstattinventar und Werkzeuge - davon sehr viel Vorkriegsware«, freut sich Markus Krieger über die ungeahnte Erweiterung seiner Sammlung. Eine erste große Lieferung habe er bereits erhalten und gesichtet. Schmuckstück ist ein Klingeldeckel aus Bronze - rund um das Konterfei des vom Vlothoer Klingeldeckel bekannten sportlichen Radlers ist dort »Ernst Horstmann Holzminden« geprägt. Zwei weitere Fahrten mit einem Transporter sind noch geplant - vielleicht warten in Holzminden ja noch weitere Überraschungen auf den Sammler aus Vlotho.
Markus Krieger hat bereits eine zusätzliche Garage als Lager angemietet und denkt nun darüber nach, seine immer größer werdende Sammlung alter Fahrräder, Mopeds und Zubehörteile öffentlich zu präsentieren. Jetzt sucht er noch einen entsprechenden Raum - und einen Sponsor.

Artikel vom 12.01.2007