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Barmer-Angestellte unterschlägt 46 000 Euro Pflegegeld


Von Hubertus Hartmann
Paderborn (WV). Eine Angestellte der Barmer Ersatzkasse in Paderborn hat mit fingierten Anträgen Pflegegeldzahlungen vorgetäuscht uns insgesamt rund 46 000 Euro auf ihr eigenes Konto überwiesen. Wegen gewerbsmäßiger Untreue in 36 Fällen verurteilte das Landgericht Paderborn die inzwischen fristlos entlassene Mitarbeiterin gestern zu einer Freiheitsstrafe von zwei Jahren auf Bewährung.
Ein Vierteljahrhundert hat Maria F. (47) bei der Barmer gearbeitet. Seit 1995 war sie für das Pflegegeld zuständig. Irgendwann habe sie einmal mit einem Kollegen geflachst, »wie leicht sich da was machen ließe«. Der Kollege blieb ehrlich, die Angeklagte setzte die Schnapsidee in die Tat um. Sie schrieb selbst Anträge von pflegenden Angehörigen, fälschte die Unterschriften und wies sich regelmäßig Beträge zwischen 400 und 4800 Euro zur Zahlung an. »Sie saß an der Quelle und konnte sich einfach bedienen«, so Staatsanwalt Gerwald Hartmann. Fünf Jahre lang merkte niemand etwas. Der Schwindel flog erst auf, als die Sachbearbeiterin im Urlaub war und eine Kollegin, die sie vertrat, Verdacht schöpfte.
Die Motivation der sofort geständigen Frau blieb auch im Prozess unklar. »Ich kann mir selbst nicht erklären, warum ich das getan habe«, beteuerte die Angeklagte unter Tränen. »Ich wollte ja eigentlich alles wieder zurückzahlen...«.
Das kinderlose Ehepaar hatte zwar etwa 35 000 Euro Schulden, aber sie und ihr Ehemann, inzwischen Frührentner, verdienten zusammen auch 3800 Euro netto. Erst vor eineinhalb Jahren bauten sie einen Bungalow und nahmen dafür eine Hypothek über 330 000 Euro auf. Die Abzahlung dürfte schwer werden: Maria F. ist arbeitslos, und ihr Mann bekommt nur 1100 Euro Rente. Die 47-Jährige ist heute psychisch schwer angeschlagen, leidet massiv unter Schuldgefühlen und Angstzuständen. »Ein Häufchen Elend - sie ins Gefängnis zu stecken, hätte keinen Sinn«, konstatierte der Staatsanwalt.
Verteidiger Manfred Claes kritisierte das mangelhafte Kontrollsystem bei der Barmer. »Dabei ist sie völlig naiv vorgegangen und hat sogar ihr eigenes Gehaltskonto benutzt«, stellte der Anwalt fest. »So etwas muss doch auffallen.«
Ein Vorwurf, den Richter Bernd Emminghaus so nicht gelten ließ. Ein Unternehmen könne sich nicht vor jedweder Manipulation schützen. Zwischen Mitarbeitern und Arbeitgeber müsse schon ein gewisses Vertrauen bestehen. »Totale Kontrolle will schließlich niemand«, meinte Emminghaus.

Artikel vom 11.01.2007