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Bilder der Arbeit treten in den Dialog

Kamingespräch: Jutta Hülsewig-Johnen informiert 50 Zuhörer über Böckstiegel-Ausstellung

Werther (dh). Das Team des Hauses Tiefenstraße musste noch Stühle aus dem Keller hinzuholen, so groß war das Interesse am Kamingespräch am vergangenen Montag. Zu Gast war Jutta Hülsewig-Johnen, stellvertretende Leiterin der Kunsthalle Bielefeld. Sie informierte die 50 Zuhörer über die Ausstellung »Conrad Felixmüller - Peter August Böckstiegel. Arbeitswelten«, die am Sonntag 4. Februar, eröffnet wird.

Um 11.30 Uhr fällt mit der Vernissage der Startschuss für die Gemeinschaftsausstellung, die bis 13. Mai zu sehen ist. »Die Ausstellung ist um eine Woche verlängert worden, weil das Interesse schon im Vorfeld so groß war«, sagte Jutta Hülsewig-Johnen, die auch Kuratorin der Austellung ist.
In der Kunsthalle Bielefeld erwarten die Besucher etwa 30 Werke mehr als in der Städtiaschen Galerie Dresden, wo die Malereien und Grafiken gerade abgehängt worden sind. Und nicht nur das: Ein Programm aus Führungen - auch durch das Böckstiegelhaus in Arrode - und anderen Veranstaltungen rundet die Werkschau in der Heimat Böckstiegels ab (siehe Kasten).
Zur Eröffnung werden neben Vincent, dem Sohn Peter August Böckstiegels, auch Angehörige von Conrad Felixmüller erwartet. So werden Brigitte Felixmüller, die Frau von Sohn Titus, und deren Tochter Katharina anwesend sein. Katharina Felixmüller ist Kulturredaktuerin beim NDR und wird im Verlauf der Ausstellung auch für ein Künstlergespräch zur Verfügung stehen.
Jutta Hülsewig-Johnen beleuchtete beim Kamingespräch das Leben und Schaffen zweier Künstler, die unterschiedlicher nicht sein könnten und doch voller Gemeinsamkeiten stecken. Böckstiegel und Felixmüller treffen sich in der Dresdner Kunstakademie, als der 24-jährige Wertheraner den jungen Dresdener (16) an seinem ersten Tag nach Professor Zwintscher fragt. »Sie haben sich sofort gemocht«, sagte Hülsewig-Johnen.
Die beiden sind nicht nur Künstlerfreunde, sondern auch Schwager, als Böckstiegel 1919 Felixmüllers Schwester Hanna heiratet. In den 1920er Jahren wenden sich die Künstler einem gemeinsamen Thema zu, das auch Mittelpunkt der Ausstellung ist: dem arbeitenden Menschen.
Böckstiegel portraitiert seine Heimat - die Landschaft, die Natur und die Menschen in Werther. Seine Eltern und Kinder sitzen für ihn ebenso Modell wie Peter Sussieck, Vater und Mutter Röper oder Tante König, wie er selbst in Texten zu seinen Bildern schreibt. Und doch sind Böckstiegels Bilder mehr: »Aus dem kleinen Kosmos seiner persönlichen Lebenswelt schafft er Bilder, die einstehen für die Arbeitswelt seiner Zeit«, sagte Hülsewig-Johnen.
Conrad Felixmüller stammt aus einer Arbeiterfamilie, sein Vater ist Schmied, und sein Bruder arbeitet als Bergingenieur in Chemnitz. Auch Conrad Felix Müller, so der richtige Name, fühlt sich mit seiner Herkunft sehr verbunden. Er malt Bergarbeiter, Hochöfen oder Zechen.
»Die Arbeit bekommt in den Bildern der beiden ein menschliches Gesicht«, erläuterte die Kuratorin der Gemeinschaftsausstellung. In der Kunsthalle Bielefeld treten die Bilder aus beiden Arbeitswelten in den Dialog miteinander. Doch nicht nur ihre Bilder verbinden die beiden Künstler. »Vieles von dem, was Felixmüller schreibt, findet sich in ähnlicher Form in den Texten von Böckstiegel wieder«, sagte Jutta Hülsewig-Johnen am Montag, als sie aus begleitenden Texten vorlas.
Nach dem Zweiten Weltkrieg kehrt Böckstiegel nach Arrode zurück, wo er 1951 stirbt. Conrad Felixmüller verbleibt in der ehemaligen DDR, in der Nähe von Altenburg, und nimmt an der Universität Halle eine Professur für Pädagogisches Zeichnen an. 1977 stirbt er in Berlin.

Artikel vom 10.01.2007