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Die Erkenntnis
kam viel zu spät

Drogenabhängig: Student verurteilt

Hiddenhausen (cl). Das Herforder Schöffengericht verurteilte gestern den 26-jährigen Ralf T. (Name geändert) aus einem Hiddenhausener Ortsteil wegen zwölfmaligen Ankaufs von Ecstasy-Pillen und teilweisem Weiterverkauf sowie geringeren Mengen Amphetaminen zu einer Bewährungsstrafe von 20 Monaten. Außerdem muss der bislang nicht vorbestrafte Angeklagte 200 gemeinnützige Arbeitsstunden ableisten, solange soll ihm ein Bewährungshelfer zur Seite stehen.

Diese Strafe ist vergleichsweise ein Klacks für Ralf T. Auch Staatsanwalt Hans-Dieter Heidbrede führte im Schlussplädoyer aus: »Der Angeklagte kann einem fast leid tun!« Verteidiger Jochen Meyer zu Bexten stellte ebenfalls fest: »Mein Mandant hat sich selbst am härtesten bestraft!« Ralf T. verlor nicht nur endgültig die Fahrerlaubnis, nachdem er in Frankfurt unter Drogeneinfluss am Steuer erwischt worden war und zunächst ein Fahrverbot bekommen hatte, bevor das hiesige Straßenverkehrsamt sich meldete.
Noch viel einschneidender ist aber, dass der Angeklagte bisher neun Semester Mathematik und Sport mit dem Ziel Lehramt studiert hat, mit dieser Vorstrafe wird er »lebenslänglich« keine Anstellung als Lehrer bekommen.
Er schilderte recht plastisch, wie er persönliche und Studienprobleme seit Anfang 2005 (mit immerhin 24 Lebensjahren!) an Discowochenenden mit Pillen und Amphetaminen »wegzuspülen« versuchte, dabei aber rasch auch psychisch abhängig wurde und bis zu 15 Pillen an einem Abend schluckte. In der Uni Bielefeld war er nur noch körperlich anwesend.
Bemerkenswert war, dass ihn Staatsanwalt Martin Temmen im November 2005 in einem sehr persönlichen und gut gemeinten Schreiben an seine Verantwortung als zukünftiger Lehrer erinnerte und ihn eindringlich vor beruflichen Konsequenzen warnte, sofern die Drogenkontakte nicht kategorisch abgebrochen würden. Aber erst eine Wohnungsdurchsuchung im elterlichen Haus brachte die positive Wende. Ralf T. sprach sich mit seinen Eltern aus, suchte professionelle Hilfe und kann nachweisen, seit vier Monaten clean zu leben - für die MPU sind mindestens zwölf Monate Nachweis erforderlich. Dies hebt ihn sehr positiv von anderen Angeklagten ab, für die gewünschte berufliche Laufbahn kam die Einsicht aber zu spät.

Artikel vom 10.01.2007