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Vorsicht Täuschung: Türen führen ins Nichts

Malschüler irritieren Kulturwerkstatt-Gäste

Von Andrea Pistorius
(Text und Foto)
Paderborn (WV). Wer in der Kulturwerkstatt durch eine Tür gehen will, muss schon genauer hinschauen: vielleicht ist sie nur gemalt. Anatolij Netkal und seine Malschüler treiben mit Besuchern gutmütig Scherz und lernen noch was dabei.

Der 57-jährige Kunstmaler aus der Ukraine gibt seit knapp drei Jahren Unterricht in Paderborn. Er geht dabei nach der Devise vor: Die Grundlagen des Handwerks müssen, und wenn es noch so viel Ausdauer erfordert, erlernt werden, Spaß darf trotzdem sein. René Heisener gefällt dieser Stil. »Es ist schon sehr informativ, was man hier lernt«, sagt er, während er noch ein bisschen Kupferbraun auf das unterste Glied der Kette tupft, die er von der weißgetünchten Wand herabhängen lässt - zumindest sieht der Gegenstand, an dem der 23-Jährige malt, so aus, als wäre er real.
Gleich daneben klemmt ein 500-Euro-Schein zwischen Kabel und Lichtschalter, doch wer dran zupft, greift nur ins Leere. Netkal schmunzelt: Vor der Illusionsmalerei von Olga Just ist schon mancher abrupt stehen geblieben. Andere wundern sich über fliegende Riesen-Insekten oder tauchende Delphine, die geradezu plastisch aus der Flurwand heraustreten.
Christina Reisch (10) und Dimitrij Janzen (16) sitzen vor einem Stillleben mit Kaffeetasse und Brötchenteller und mühen sich in ihrer zeichnerischen Darstellung um die richtigen Proportionen. Was anfangs so schwierig erscheint, hat die Seniorin der Malklasse, Gertrud Born (69), längst begriffen. Sie lässt Pferde auf der Wand grasen, die quicklebendig aussehen.
Ein Meister der Illusionsmalerei ist Anatolij Netkal selbst. Er beherrscht das Spiel mit Licht und Schatten so gut, dass seine Bilder dreidimensional wirken. Man möchte Türklinken drücken - und greift nur an kühlen Mauerstein, oder den Hund in der Raucherecke kraulen, doch der bleibt stumm. Unterricht gibt Netkal von Donnerstag bis Sonntag, wer ihn kennenlernen möchte, erreicht den umtriebigen Künstler, der in Detmold wohnt und arbeitet, im Atelier hinter der Cafeteria der Kulturwerkstatt (Ruf 0170/973 47 65).

Artikel vom 09.01.2007