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Wärme macht den Pflanzen Beine

Gärtner und Floristin haben unterschiedliche Meinungen zum milden Winter

Von Malte Samtenschnieder
(Text und Fotos)
Bad Oeynhausen (WB). Dieser Winter ist viel zu warm - und die Natur ihrer Zeit deshalb um acht Wochen voraus. In diesem Punkt stimmen die Bergkirchener Floristin Sabine Steinhauer und der Südstädter Gärtner Dietrich Rolfsmeyer überein. Bezüglich Strategien, was bei einem Kälteeinbruch getan werden könnte, um Blumen und Gehölze vor Frostschäden zu bewahren, haben die Pflanzenexperten aber unterschiedliche Auffassungen.
Die normalerweise im Mittelmeerraum verbreitete Glanzmispel hat bereits Anfang Januar deutlich ausgeprägte neue Triebe. Besorgniserregend ist der milde Winter für Dietrich Rolfsmeyer.

»Eigentlich sollten die Temperaturen jetzt knapp unter dem Gefrierpunkt liegen«, sagt Sabine Steinhauer von der Gärtnerei Kemminer in Bergkirchen. Dass Tulpen bereits Anfang Januar zwei, drei Zentimeter hoch aus der Erde sprießen und ebenso wie nahezu voll aufgeblühte Stiefmütterchen bereits den Wachstumsstand von Anfang März erreicht haben, bewertet die Expertin als sehr unnormal.
Doch Sabine Steinhauer nimmt das verfrühte Frühlingserwachen gelassen. Probleme sehe sie erst, falls das Quecksilber in nächster Zeit deutlich unter Null Grad sinken sollte. »Wenn Knospen in diesem Stadium zu viel Frost abbekommen, kann sich die Blüte nämlich unter Umständen nicht richtig entwickeln.«
Um dies zu verhindern, gibt Sabine Steinhauer folgenden Rat: »Wenn man die Pflanzen mit Tannenzweigen oder Gärtnervlies abdeckt, kann man gewöhnlich das Schlimmste verhindern.« Gleichzeitig weist die Blumenexpertin auf die Konsequenzen übereifrigen Handelns hin. »Wer seine Pflanzen bei zu milden Temperaturen zu lange abdeckt, riskiert, dass alles verfault.«
Auch in Dietrich Rolfsmeyers Baumschule »Garten-Oase« in der Südstadt ist die Vegetation ihrer Zeit weit voraus. Magnolienknospen vor dem Aufbrechen und Gartenazaleen kurz vor der Blüte. »Wenn es jetzt Frost geben sollte, fällt dieses Jahr etwa bei empfindlichen Pflanzensorten aus dem Mittelmeerraum die Blüte aus, ohne dass wir etwas dagegen machen können«, so der Gärtner.
Robuster gegenüber kalten Temperaturen sind laut Dietrich Rolfsmeyer in der Region heimische Pflanzen wie Buche oder Zaubernuss. »Genau wie Obstbäume verfügen diese Gewächse über ein eingebautes Frostschutzsystem«, erläutert der Baumkenner. Bei niedrigen Temperaturen produzierten die Pflanzen bestimmte Substanzen, um neue Triebe vor dem Erfrieren zu schützen.
Aus wirtschaftlicher Sicht gewinnt Sabine Steinhauer dem milden Winter derzeit jedoch sogar positive Seiten ab. »Um unseren Kunden die zu dieser Jahreszeit üblichen im Gewächshaus vorgetriebenen Frühlingsprimeln anbieten zu können, müssen wir weniger heizen als sonst.« Durch den geringeren Energieverbrauch ließen sich die stetig steigenden Heizkosten wenigstens zu einem Teil kompensieren.

Artikel vom 09.01.2007